Der Wirtschaftsbund Wien, man könnte meinen, eine Teilorganisation der Wirtschaftskammer, ist tatsächlich eine Teilorganisation der ÖVP Wien. In den letzten Jahren hat er sich durch eine auffällige Personalpolitik hervorgetan: Anstatt die Herausforderungen und Anliegen der Unternehmer in den Mittelpunkt zu rücken, bleibt die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmertums erstaunlich gering. Ein Beispiel hierfür ist Dieter Steup, ein vermeintlich „prominenter“ Vertreter aus dem 1. Wiener Gemeindebezirk, dessen vielseitige Funktionen und Tätigkeiten eine kritische Reflexion über die Transparenz und Prioritätensetzung des Wirtschaftsbundes Wien erforderlich machen.
Ein WB-Mann trägt viele Hüte
Dieter Steup ist stellvertretender Bezirksgruppenobmann des Wirtschaftsbundes Wien im 1. Bezirk und gleichzeitig Bezirksobmann der Wirtschaftskammer für die Innere Stadt. Nach eigenem Verständnis sieht er sich als „Netzwerker im politischen und wirtschaftlichen Umfeld mit langjähriger Erfahrung“ und als „Experte für Projekte aus den Bereichen Entwicklung, Gesundheit und Gewerbe“ an. (steup.at)
Neben seinen Funktionen in der Wirtschaftskammer ist Steup Geschäftsführer mehrerer Unternehmen, Aufsichtsrat der städtischen Prater Wien GmbH und Inhaber von fünf Gewerbescheinen, die ein breites Spektrum abdecken – von IT-Dienstleistungen über Immobilien bis hin zum Import- und Exporthandel.
Besonders ins Auge sticht seine Tätigkeit in der Immobilienbranche: Mit seiner Steup Realitäten GmbH wirbt er für die diskrete Abwicklung von Off-Market-Immobiliengeschäften, während er gleichzeitig über seine Funktion als Bezirksobmann der Wirtschaftskammer Förderprogramme bewirbt. Diese Konstellation wirft Fragen zu möglichen Interessenkonflikten auf, insbesondere hinsichtlich der Überschneidung von privatem Unternehmertum und einer Funktion in der Wirtschaftskammer Wien.
Doppelfunktion mit eigenen Interessen?
Die gleichzeitige Funktionärsrolle im Wirtschaftsbund und in der Wirtschaftskammer ist keine Seltenheit, doch sie wirft systematische Probleme auf. Der Wirtschaftsbund sollte primär als politische Interessenvertretung agieren, während die Wirtschaftskammer für die Unterstützung und Beratung von Unternehmen zuständig ist. Doch die personelle Verflechtung dieser Institutionen erschwert es, eine klare Trennlinie zu ziehen.
Kritiker, darunter Vertreter anderer wirtschaftspolitischer Fraktionen wie der Freiheitlichen Wirtschaft (FW) oder der UNOS, monieren, dass diese Überlappungen der Transparenz abträglich sind. Hinter vorgehaltener Hand wird auch die Frage nach weiteren Vorteilen gestellt: „WKO im Bezirk“-Funktionäre erhalten eine Aufwandsentschädigung, deren genaue Höhe jedoch nicht kommuniziert wird.
Tatsächlich ist der „Kammer im Bezirk“-Funktionär der Wirtschaftskammer ein Bindeglied zwischen „Informationen, Services und Angeboten. Im Mittelpunkt stehen die Interessen der Wiener Gewerbetreibenden und die Stärkung der Standorte.“ (WKO im Bezirk)
Eine Unternehmerin bringt es auf den Punkt: „Die Bezirksfunktionäre sammeln nicht nur Unterstützungserklärungen im Wahlkampf, sondern geben sich als Sprachrohr der Kammer. Für den Unternehmer im Bezirk ist die Trennung dann nicht mehr nachvollziehbar.“
Ein Netz aus Verflechtungen
Steups Rolle als Netzwerker ist unbestritten. Doch gerade diese Verflechtungen zwischen beruflichen und politischen Tätigkeiten machen ihn zum Symbol für die intransparente Struktur des Wirtschaftsbundes.
Die Exklusivität und Diskretion, mit der er seine Immobilienprojekte vermarktet, scheint auch seine politische Arbeit zu prägen – eine Haltung, die in einer Organisation, die eigentlich das Unternehmertum stärken sollte, fehl am Platz wirkt.
Eine Frage der Transparenz
Der Fall Steup verdeutlicht ein grundlegendes Problem: Der Wirtschaftsbund scheint durch seine Personalpolitik nicht nur die Bedürfnisse der Unternehmer zu vernachlässigen, sondern sogar eine unsichtbare Barriere zwischen Funktionären und der Basis zu schaffen. Diese strukturellen Defizite lenken den Fokus weg vom eigentlichen Ziel, das Unternehmertum zu fördern, und hin zu intransparenten Verflechtungen und Eigeninteressen.
Fazit und Ausblick
Dieter Steup ist nur ein Beispiel für die weitreichenden Verzahnungen innerhalb des Wirtschaftsbundes Wien mit der Wirtschaftskammer Wien. Seine Doppelfunktion verdeutlicht, wie personelle Verflechtungen die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Institution beeinträchtigen.
Die zentrale Frage bleibt: Wie kann eine Organisation, die für das Unternehmertum eintreten sollte, glaubwürdig agieren, wenn ihre eigene Personalpolitik das Gegenteil bewirkt?