Im September 2016 veranstaltete die SPÖ Floridsdorf ein Fest. Mit Musik und Luftburg für Kinder, und: Essen und Trinken, was dem ‘Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs’ gar missfiel. Er erstattete Anzeige, basierend auf Paragraphen der Gewerbeordnung, da der Bier und Würstel veräußernden SPÖ natürlich die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe nicht zur Verfügung stand. Nicht fair, könnte man annehmen, da der Reinerlös des Festes dem Arbeiter-Samariter-Bund zugute kam. Das Handelsgericht, bei dem die Klage eingebracht wurde, stimmte der Klage vorerst zu, jedoch gibt es natürlich Ausnahmeregelungen. Und die hat nun der Verfassungsgerichtshof in einer Erkenntnis zu diesem Fall bestätigt:
„Die dieser Erstreckung des Anwendungsbereichs der Ausnahme [im Gewerberecht, Anm.] auf politische Parteien, ihre Gliederungen und die ihnen nahestehenden Organisationen zugrunde liegende Wertung besteht darin, dass auch Aktivitäten politischer Parteien (im weiteren Sinn) von Verfassungs wegen unterstützenswerte Ziele bilden. Diese Annahme wird durch die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 PartG zum Ausdruck gebracht.“
https://www.facebook.com/spoe21
https://www.facebook.com/SPOESektion4
Die Wirtschaftskammer, Fachverband der Gastronomie, steht dem mit Unverständnis gegenüber. Mario Pulker, Spartenobmann der WKO in einer Presseaussendung: „Das Urteil ist befremdlich und eine große Enttäuschung für die heimischen Gastwirte, weil es an der Realität vorbeigeht. Selbstverständlich sind Zeltfeste von Parteien und ähnliche Events massiv wettbewerbsverzerrend. Es ist absolut unverständlich, warum hier parteipolitische Interessen über den fairen Wettbewerb gestellt werden“.
Unverständnis schürt auch die Tatsache, dass Österreich im internationalen Vergleich im Spitzenfeld der Parteienförderung steht. Rund 209 Millionen Euro, das sind 32,6 Euro pro stimmberechtigtem Österreicher, stehen den Parteien zur Verfügung. Das ist lediglich der Betrag, den die Parteien direkt bekommen. Den Vorfeld- und Teilorganisationen, bis hinunter zu den Bezirksorganisationen, steht es frei zusätzliche Finanzquellen zu lukrieren, respektive für wohltätige Zwecke der eigenen Wahl, Events zu organisieren. Der Erlös aus dem Verkauf vom Grillhenderl bis zum Orangenpunsch ist verfassungsrechtlich gedeckt, ja sogar demokratiepolitisch wünschenswert:
“Die Förderung der politischen Tätigkeit liegt im öffentlichen Interesse und ist von Verfassungs wegen unterstützenswert.”, schreibt der VfGH in der Überschrift seiner Pressemitteilung zu dieser Erkenntnis.
Dass es auch im öffentlichen Interesse ist, die Entlohnung für politische Tätigkeiten zu diskutieren, scheint den Proponenten zu missfallen. Auf der Seite der SPÖ wirbt der Samariter-Bund, umrandet von Bundeskanzler Kern, für seine Benefiz-Gala für den “Nikolaus-Zug”. Mit Spenden und dem Erlös aus Punsch und Maroni soll Kindern ein unbeschwertes Wochenende voller ‘Spaß und Ausgelassenheit’ ermöglicht werden. Dafür wirbt die SPÖ, die bei einem geschätzten Schuldenstand zwischen 18 und 23 Mio Euro (Wr. Zeitung vom 15.8.2017) ihrem scheidenden Bundeskanzler das monatliche Salär um zusätzliche rd. 6.100 Euro aufbessert. Natürlich ist die mediale Diskussion darüber eine “kleine Intrige“, wie er bei einem EU-Gipfel in Brüssel meinte, denn “… man sollte das nicht überbewerten.”
Natürlich darf man das nicht überbewerten, denn es ist vollkommen in Ordnung und verfassungsrechtlich legitim, ohne Nachweis einer Gewerbeberechtigung gastronomisch Tätig zu sein, solange man parteipolitisch demokratiefördernd auftritt, es ist ebenso verständnisvoll für einen guten Zweck Geldmittel und Sachspenden zu lukrieren und es ist selbstverständlich, dass …
Man könnte für alles Verständnis haben. Oder eben auch nicht.
Quellen
Presseaussendung: [download id=”3769″]
Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 26.09.2017 G39/2017 und G39/2017:
“Die SPÖ Floridsdorf (eine zur Sozialdemokratischen Partei Österreichs [SPÖ] gehörende Bezirksorganisation mit eigener Rechtspersönlichkeit) habe durch ihre Sektion Donaufeld (eine zur SPÖ Floridsdorf gehörende Teilorganisation ohne eigene Rechtspersönlichkeit) am 3. September 2016 das “Kinzerplatzfest” veranstaltet. Dabei handle es sich um eine u.a. mit Attraktionen für Kinder verbundene Veranstaltung zugunsten des Arbeiter-Samariter-Bundes Österreichs. Im Rahmen dieser Veranstaltung seien an die Besucher Speisen und Getränke gegen Entgelt verabreicht bzw. ausgeschenkt worden.” (G39/2017)