In Wien haben trotz eines Demonstrationsverbots rund 10.000 Menschen gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Die Bilanz: Zehn Festnahmen – mehr als 850 Anzeigen – vier verletzte Polizisten, zumindest zwei davon durch fremde Gewalteinwirkung.
An der untersagten Corona-Demonstration am Sonntag in Wien haben rund laut Polizei 10.000 Demonstranten teilgenommen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Wiens Polizeichef Gerhard Pürstl zogen noch abends eine erste Bilanz.
Demnach wurden zehn Personen festgenommen, vier Polizisten verletzt und rund 850 Anzeigen wegen Verstöße gegen die Corona-Bestimmungen ausgesprochen.
Spaziergänger legen Wiener Innenstadt lahm
Vom Spaziergang zur Großdemo: Die „Spaziergänge“ starteten mit nur ein paar hundert Menschen. Der als „Religionszug“ getarnte Mob zog fröhlich und friedlich im Raum Volksgarten und Heldenplatz umher. Kurz nach Mittag formierten sich mehrere „Spaziergänger“-Gruppen in der Nähe des Maria-Theresien-Platzes im ersten Bezirk. Minütlich kamen mehr Demonstranten. Busse brachten Aktivisten aus Tirol, aber auch aus Oberösterreich. Sie hatten schon vor zwei Wochen mit Demo-Fahrten nach Wien geworben.
Am frühen Nachmittag haben sich im Bereich des Burgrings und Maria-Theresien-Platzes mehrere tausend Personen zu der nicht angezeigten Kundgebung versammelt. Durch den Großteil der Versammlungsteilnehmer wurde
weder der Mindestabstand von zwei Metern, noch das Tragen eines Mund- Nasenschutzes eingehalten. Aufforderungen seitens der Polizei, die Corona-Maßnahmen einzuhalten, wurden sehr häufig ignoriert.
Ein Organisator der Demo wurde festgenommen
Im Zuge des Einsatzes wurde auch ein bekannter Protagonist der untersagten Versammlungen festgenommen. Der Mann steht im Verdacht, einen Polizisten mit einem Fußtritt in den Rücken attackiert zu haben.
Letztlich war der Schwarm mehrere tausend Personen stark. Eine Mischung aus Rechtsextremen, Hooligans, Querdenkern, aber auch viele Neugierige und Wutbürger. Neben den „Spaziergängern“ wurden beispielsweise Martin Sellner und Gottfried Küssel gesichtet. Unter den Tausenden mischten sich aber auch junge Familien und Senioren.
Motive zur Teilnahme
„Das Innenministerium hat der sonst so besonnen agierenden Polizeiführung ‚befohlen‘, die für Sonntag angemeldete Großdemo, unsere Kundgebung und weitere Demonstrationen zu untersagen. Nehammer und Co. haben den Menschen damit die Möglichkeit genommen, ihren Protest gegen die Regierungspolitik in einer gut organisierten Versammlung zu artikulieren, bei der die Veranstalter auch für den friedlichen und reibungslosen Ablauf die Verantwortung übernommen hätten. Durch die Untersagung besteht leider Eskalationspotenzial“, so der freiheitliche Klubobmann Herbert Kickl.
Die Transparente spiegelten aber auch den bunten Mix der Teilnehmer wider: Angefangen mit klassischen „Kurz muss weg“-Schilder, waren erstmals religiös motivierte Botschaften zu lesen. Aber auch die „Beschneidung der Grund- und Freiheitsrechte durch Kurz und Nehammer“ war zu lesen. Der Grundtenor der Demo-Teilnehmer lässt sich wohl wie folgt zusammenfassen: „Wir lassen uns unsere Freiheit nicht nehmen.“
ÖVP schäumt vor Wut
Innenminister Nehammer in einer Stellungnahme zu der Einsatzführung der gegenüber dem ORF: „Genau nach diesen Bestimmungen wird ein Polizeieinsatz durchgeführt, genau nach diesen Bestimmungen wird darauf geachtet, dass vor allem das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Es dürfen eben auch durch einen Polizeieinsatz sozusagen nicht unschuldige Teilnehmer einer Versammlung zu Schaden kommen.“
„Es ist nahezu vorsätzlich, wie seitens der Kickl-FPÖ Menschen zum Gesetzesbruch aufgefordert werden. Die propagierte Nicht-Einhaltung der geltenden COVID-Maßnahmen stellt eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit dar. Der FPÖ-Klubobmann hat die rechte Szene mobilisiert, Ausschreitungen in Kauf genommen und somit bewusst Polizistinnen und Polizisten in Gefahr gebracht. Das ist eines Ex-Innenministers unwürdig und stellt eine ganz neue Dimension dar“, so der cholerische Klubobmann der Volkspartei, August Wöginger.