Das zweithöchste Amt der Republik wird nach Wolfgang Sobotkas Ankündigung im Herbst frei. Was muss der Nachfolger können und was zum Teufel macht ein Nationalratspräsident?
Historische Exkurse: Kein Platz für Frauen?
1986 war es für viele unvorstellbar, dass eine Frau in das Präsidium des Nationalrats aufsteigt. Anton Benyas abfälliger Kommentar über Marga Hubinek zeigt die damalige Einstellung. Heute wäre eine solche Äußerung undenkbar.
Unantastbare Position
Der Nationalratspräsident ist praktisch unabwählbar, es sei denn, er verliert sein Mandat durch eine strafrechtliche Verurteilung. Trotz vieler Rücktrittsforderungen blieb Sobotka im Amt, unterstützt von seiner Partei. Im kommenden Herbst endet seine politische Karriere, er kandidiert nicht mehr.
Wer übernimmt das Amt?
Nach der Wahl am 29. September wird ein neuer Nationalratspräsident gewählt. Traditionell steht dieses Amt der stimmenstärksten Partei zu, was aktuell die FPÖ ist. Allerdings ist dieses Recht nicht gesetzlich verankert, sondern eine parlamentarische Usance.
Die Aufgaben des Präsidenten
Der Nationalratspräsident ist das Gesicht des Parlaments und hat eine repräsentative Rolle. Er leitet die Sitzungen und teilt diese Aufgabe mit dem zweiten und dritten Präsidenten. Auch viele Verwaltungsaufgaben fallen in seinen Bereich. Der ehemalige Nationalrstspräsident Andreas Khol vergleicht den Parlamentsbetrieb mit einem kleinen Ministerium.
Untersuchungsausschüsse und Konflikte
Als Vorsitzender von Untersuchungsausschüssen gerät der Präsident oft in Konflikte. Sobotka ließ sich zuletzt in dieser Rolle vertreten. Khol schlägt beispielsweise vor, die Vorsitzendenrolle an Verfahrensrichter zu übertragen, um Unparteilichkeit zu gewährleisten.
Vertretung des Bundespräsidenten
Das Präsidium des Nationalrats kann im Kollegium den Bundespräsidenten vertreten, wenn dieser verhindert ist oder stirbt. Dies geschah 2004 nach Thomas Klestils Tod und 2016/17 während der Bundespräsidentenwahl.
Anforderungen an den Präsidenten
Ein Nationalratspräsident sollte langjährige parlamentarische Erfahrung, juristische Kenntnisse, Humor, Diplomatie und Fremdsprachenkenntnisse mitbringen. Sobotka, vor seiner Wahl Innenminister und Finanzlandesrat, übernahm das Amt 2017 mit wenig Zustimmung und erntete viel Kritik.
Ausblick und Fazit
Das Amt des Nationalratspräsidenten ist vielfältig und anspruchsvoll. Es erfordert ein tiefes Verständnis der parlamentarischen Gepflogenheiten und die Fähigkeit, das Parlament würdevoll zu vertreten. Die kommende Wahl wird zeigen, wer diese Aufgaben übernehmen wird und wie sich die politischen Kräfteverhältnisse im Nationalrat verändern.