Die Causa rund um Florian Krumpöck und die Machenschaften am Semmering verkommen immer mehr zu einem „John Grisham“-Kriminalroman. Wie bereits Fass ohne Boden enthüllte, hat die Staatsanwaltschaft Wien gegen Florian Krumpöck und seine Frau ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Fokus der Ermittlungen stehen Infrastrukturförderungen des Kulturvereins Kultur.Sommer.Semmering in der Höhe von 65.000 Euro. Diese Förderungen wurden von 2018 bis 2021 in vier Tranchen vom Land abgerufen. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Büro Mikl-Leitner erfährt von „Schwarzgeldzahlungen“
Im vergangenen Jahr fand ein Treffen statt, an dem eine niederösterreichische Landesbedienstete aus dem Büro von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und der ehemalige Direktor des Südbahnhotels teilnahmen. Dabei soll die Referentin pro aktiv den Direktor auf „Schwarzgeldzahlungen“ angesprochen haben. Wie die Referentin vom „Schwarzgeld“ überhaupt erfahren konnte, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur mutmaßen.
Fakt ist, dass die Bedienstete gemäß §78 der Strafprozessordnung (StPO) ihrer Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist, im Gegensatz zum ehemaligen Direktor des Südbahnhotels, der die Konsequenzen am Folgetag gezogen hat und bei der Finanz eine Nachmeldung seiner Einnahmen veranlasste.
Daher wollte die Redaktion wissen, ob die Landesbedienstete aus dem Büro der Landeshauptfrau „mögliche Schwarzgeldzahlungen bei der Kriminalpolizei oder bei der Staatsanwaltschaft“ zur Anzeige gebracht hat. Fass ohne Boden konfrontierte das Büro von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und erhielt binnen 24 Stunden eine knappe Antwort, die es aber in sich hat.
Konfrontation des Büros Mikl-Leitner
Nach einer Krisensitzung des Büros Mikl-Leitner am Freitagvormittag antwortete überraschenderweise der Leiter der Abteilung Kunst und Kultur, Hermann Dikowitsch. Dieser verwies auf die „unabhängige Justiz“, daher sei „es nur folgerichtig, eben dieser Aufklärung zu harren.“
Dies ist umso mehr erstaunlich, da Mikl-Leitners Referentin gar nicht Gegenstand der Ermittlungen war. Umso besser nun für die Staatsanwaltschaft: Nun hat die Staatsanwaltschaft eine Steilvorlage, sowohl die Referentin aus dem Büro von Mikl-Leitner als auch den Leiter der Abteilung Kunst und Kultur, zu einer Zeugeneinvernahme zu laden. Unabhängig von der strafrechtlichen Würdigung durch die Staatsanwaltschaft kann man an dieser Stelle bereits von einer moralischen Verfehlung sprechen. „Gerüchte“ wurden zwar ungeprüft weitergegeben, aber nicht zur Anzeige gebracht. Dies entspricht eigentlich nicht dem Wertekodex eines Landesbediensteten.
Und der Leser wird sich nun fragen: Warum hat zumindest nicht ein Beamter oder eine Beamtin die Integrität besessen, den Sachverhalt zu melden oder gar zur Anzeige zu bringen? Und die Antwort ist leicht erklärt: Man will keine Skandale im heurigen Jahr vor der Landtagswahl. Und daher stellt sich nun die wesentlichste Frage: Was wusste Johanna Mikl-Leitner tatsächlich über die Machenschaften am Semmering?
“Köpfe rollen”: Rücktritte und Distanzierungen
Ein Anrainer vom Semmering, der namentlich nicht genannt werden möchte, spricht bereits davon, dass am Semmering “erste Köpfe rollen”.
Aus dem Umfeld der Landeshauptfrau ist zu hören, dass die FoB-Enthüllungen der Kulturreferentin sehr unangenehm sind. Verständlich: In so einem Fall wird nach den Paragraphen § 2 des Strafgesetzbuchs „Begehung durch Unterlassung“ und § 302 „Amtsmissbrauch“ ermittelt. Im Falle einer Verurteilung droht ein Strafmaß von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Am vergangenen Donnerstag, am Tag der Konfrontation des Büros der Landeshauptfrau durch die FoB-Redaktion, ist der ehemalige Direktor des Südbahnhotels zurückgetreten. Dies geschah wenige Stunden nach der Konfrontation des Büros von Mikl-Leitner.
Doch dies ist nicht der erste Rücktritt. ÖVP-Bürgermeister Hermann Doppelreiter soll seine Mitgliedsfunktion im Vorstand des Kulturvereins Semmering bereits niedergelegt haben. Auf der offiziellen Webseite des Kulturvereins Semmering wird hingegen Doppelreiter nach wie vor geführt.
Und die Causa Semmering spitzt sich weiter zu: Mittlerweile ist auch von einem Hauptbelastungszeugen oder einer Hauptbelastungszeugin die Rede.
In Hintergrundgesprächen mit der Redaktion haben erste niederösterreichische Landtagsabgeordnete Interesse an einer politischen Aufarbeitung des Falls Krumpöck gezeigt. Fass ohne Boden bleibt weiter dran.