„Dubiose Umstände“
Und in der Tat gibt es mehrere Ungereimtheiten. Am 22.09.2019 schreibt Philipp Buchner in einem privaten Chat, dass er in Sofia seine Wohnung wechseln musste und sich nun in einem Apartment von einem gewissen „Vladimir Grashnov“ befinden würde. Skurril: Grashnov war Vorstand eines Mobilfunkunternehmens und ist seit 2001 tot.
Wenige Tage zuvor, am 26. September 2019, schrieb Buchner einer Person seines Umfelds: „alle helfen mir – S. ist voll sauer – A. und sein bester Freund K. setzen sich für mich ein – K. ist studierter Mediziner und kennt S. 44 Jahre.“ Doch worauf war das Umfeld „sauer“? Gab es einen Vertrauensbruch?
Von einer weiteren Person, die anonym bleiben möchte, konnte die Redaktion in Erfahrung bringen, dass wenige Stunden vor seinem Tod zwei Personen in das Zimmer von Philipp Buchner eingedrungen sind. Was sie dort gemacht haben, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Gewissheit gesagt werden. Seltsam erscheint die Tatsache, dass diese zwei Personen einen Schlüssel zu der Wohnung von Philipp Buchner in Sofia hatten. Womöglich haben die zwei bulgarischen Leibwächter Wasser, Zigaretten oder Lebensmittel vorbei gebracht.
Was wusste Philipp Buchner?
Der Berater vom „bulgarischen Geschäftsmann“ war sich bewusst, dass die Dokumente heiß sind. Daher hat er in seinem Umfeld die Dokumente gestreut, mit dem Hinweis, „falls ihm was passieren sollte, sollen die Dokumente zur politischen Verwertung und an die Medien gespielt werden.“
Und die Dokumente besitzen in der Tat höchste politische und wirtschaftliche Sprengkraft. Beispielsweise betreffen vier Schriftstücke die juristische Auseinandersetzung zwischen einer britischen Briefkastenfirma und dem österreichischen Versicherungsunternehmen „VIG“. Es geht um eine acht Millionen Klage aus dem Jahr 2016, konkret um das Briefkastenunternehmen „United Capital PLC“. Erstaunlich: Zwar scheint der „bulgarische Geschäftsmann“ nicht in der Historie des Firmenbuchs auf, dafür aber seine Strohmänner und unter anderem der russische Investmentbanker, der eingangs erwähnt wurde.
Streitgrund waren acht Millionen Euro
„United Capital PLC“, eine mittlerweile aufgelöste Briefkastenfirma mit Sitz in London (Company No. 06254627) wollte 2013 die Mehrheitsanteile (92.58%) am bulgarischen Pensionsfond „Doverie“ erwerben, dem Vernehmen nach für 150 Millionen Euro. Der Mehrheitsaktionär der „Doverie“, die „Vienna lnsurance Group AG“, hatte 2013 dem Verkauf zugestimmt. Dies sorgte europaweit für Schlagzeilen. Es herrschte breite Fassungslosigkeit über den Deal in Wien. Nach der medialen Entrüstung wurde es jedoch um das Unternehmen danach still.
Hinter verschlossenen Türen fanden aber sehr wohl rege Verhandlungen statt. Unabhängig davon, ob eine Übernahme des Pensionsfonds überhaupt stattfinden hätte können, flossen vorab acht Millionen Euro. Man kann die Summe als Garantie betrachten und ein tatsächliches Geschäft anzustreben. Doch die Dokumente, die Philipp Buchner besaß, zeichnen ein düsteres Bild und lassen den Deal in einem zweifelhaften Licht erscheinen.
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Zu feige um die Namen zu nennen. Wieso?
Medienrecht in Österreich.