Die Nerven liegen in der österreichischen Politik blank. Zunächst kritisiert der Gesundheitsminister Rudolf Anschober die Bundesländer im Zuge der Corona-Ampel. Nun gesteht Bundeskanzler Sebastian Kurz, er hätte früher „Maßnahmen verschärfen” wollen. Darüber hinaus stehen die Koalitionspartner unter Dauerbeschuss der Opposition. Ob Joy Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) oder Herbert Kickl (FPÖ), es wird jede Panne genützt, um Stimmung gegen die Regierung zu machen. Die Minister Gernot Blümel und Rudolf Anschober schaffen auch hierfür jede Woche eine passende Möglichkeit.
Anschober verliert die Nerven
Rudolf Anschober war im Sommer in mehreren Umfragen der beliebteste Politiker Österreichs. Das dürfte so manchem Berater und Parteisoldaten im türkisenen Lager nicht geschmeckt haben. Wie von Geisterhand häuften sich kritische Berichte in der medialen Berichterstattung. Die Solidarität, in Form einer glaubhaften Rückendeckung fehlte der Bundesregierung in den vergangenen Wochen gegenüber Anschober.
Obendrein hat das Prestigeprojekt von Anschober Schiffsbruchs erlitten. Selbst Bundeskanzler Sebastian Kurz hat vor einer Woche in der “ZiB2” zugegeben, dass die Ampel für Verwirrung bei den Österreichern sorgt. Auch dies ist nicht ein Zeichen für Loyalität. Peter Pilz formuliert es bei weitem überspitzter: „Anschober spürt als erster grüner Minister, wie plötzlich ein türkises Messer im Rücken steckt und der besorgte Partner fragt, ob es weh tut.“ Und dem medialen Druck und der dauerhaften Kritik an der Corona-Ampel dürfte Anschober nicht gewachsen sein. Nach wie vor hat der Spitalsbesuch des Gesundheitsministers Ende August einen „special smell“. Mitarbeiter aus dem Spital schilderten eine andere Version. So gesehen reine Spekulation, aber der Story sollte man noch einmal nachgehen.
Blümel fehlt die Kompetenz
„Schon lange hat kein Finanzminister so wenig Kompetenz bewiesen, um es vorsichtig auszudrücken“, so Johannes Huber. Und die Fehlerliste hat es in sich und ist lang. Ein kleiner Auszug:
- Ein paar Nullen, die bei den Budgetzahlen gefehlt haben.
- Eine Plastikabgabe, die aus dem Budget bezahlt werden soll, obwohl ein Sparkurs bevorsteht. Die Grünen haben einen klaren Gegenstandpunkt bezogen (Siehe Drei-Punkte-Plan)
- Der Fixkostenzuschuss von Blümel, der “rechtlich nicht richtig” beantragt wurde.
Und siehe da, eine neuer Schachzug: „Wenn es nach der Wahl am 11. Oktober zu einer Koalition zwischen SPÖ und ÖVP kommt, werde ich mein Amt als Finanzminister abgeben und als Vizebürgermeister in die Wiener Stadtregierung wechseln“, so Blümel bei oe24.tv. Die sogenannte „spannende Wende“ von Blümel während des Wiener Wahlkampfs sollte aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden. Dies ist in der politischen Kommunikation als „Flucht nach vorne“ zu verstehen. Einerseits reicht Blümel dem roten Sieger in spe offen die Hand, zum anderen bringt er sich aus der politischen Schusslinie auf Bundesebene. Die ÖVP beherrscht das Manöver der Ablenkung sehr gut, Parallelen erinnern an den Film „Wag the Dog.“ Timing ist in der Politik alles.
Mittwoch erste Sitzung nach der Sommerpause
Am Mittwoch werden die Fetzen fliegen, davon ist auszugehen. In die Plenarsitzung gestartet werden soll mit einer Aktuellen Stunde sowie einer Aktuellen Europastunde, die Themen werden von den Grünen bzw. den NEOS vorgegeben. Erster Debattenpunkt wird dann die Novelle zum COVID-19-Maßnahmengesetz und zum Epidemiegesetz sein.
Die erste Parlamentssitzung nach der Sommerpause startet um 0900 Uhr. Die Tagesordnung könnt ihr hier nachlesen.
Umgekehrt schadet es dem Hohen Haus mal nicht, dass eine Nationalratssitzung mit mehr Elan über die Bühne geht. Für Anschober und Blümel wird es eine harte Woche.