Der Präsident des Europäischen Rats, Charles Michel, hat die jüngsten Reisen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán nach Russland und China scharf verurteilt. Es handle sich um einen „politischen Fehler“, sagte Michel am Mittwoch am Rande des NATO-Gipfeltreffens in Washington. Die Mitgliedstaaten hätten gegenüber dem ungarischen Vorsitz im Ministerrat eine „eindringliche Warnung“ ausgesprochen. Michel fügte hinzu, dass er in zehn Jahren noch nie eine solche Reaktion auf diesem Niveau erlebt habe. Das Vertrauen habe sich deutlich verschlechtert.
Ungarn abgeblich isoliert
Michel bestätigte, dass er nicht vorher über die Reise Orbáns nach Moskau informiert worden sei, im Gegensatz zu NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Über die Rolle eines Landes, das den rotierenden Vorsitz im Ministerrat innehat, sagte er: „Die Rolle der Präsidentschaft besteht nicht darin, die sechs Monate dafür zu nutzen, um nationale Ansichten über die Welt zu vertreten.“ Vielmehr müsse man ein „ehrlicher Makler“ sein und die Mitgliedstaaten zusammenführen. „Wenn wir einig sind, sind wir stark“, betonte Michel.
Kritik im EU-Parlament
Die Äußerungen Michels erfolgen vor dem Hintergrund wachsender Kritik der Mitgliedstaaten, die auch im Kreis der NATO-Botschafter laut wurde. Mehrere Mitgliedstaaten wollen, dass der Rechtsdienst des Rates die Rolle der Ratspräsidentschaft klarstellt. Am ersten informellen Ratstreffen für Wettbewerb nahmen Anfang der Woche nur wenige Minister teil. Viele Staaten ließen sich in Budapest durch Staatssekretäre oder nachgeordnete Beamte vertreten, darunter auch Deutschland. Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton sagte seine Teilnahme ab.
Fazit und Ausblick
Michel betonte, dass solche Treffen grundsätzlich wichtig zur Abstimmung seien und man aufpassen müsse, sich nicht selbst zu schaden. In der nächsten Woche will auch das neue Europäische Parlament über die ungarische Ratspräsidentschaft debattieren.