Der Kurier-Artikel „Krimi um Güssinger: Dubioser Tod eines Österreichers in Sofia“ vom 16.10.2019 ist mehr als nur lesenswert. Der Story ist zu entnehmen, dass ein „Mittelsmann“ namens Philipp Buchner in Sofia, Bulgarien, auf dubiose Weise verstorben ist. Und nach einer ersten Sichtung des Artikels wird dem Leser bewusst, dass die Causa nicht nur einen politischen Bezug zu Österreich hat. Auch „die Ermittler des Büros für Organisierte Kriminalität im Wiener Bundeskriminalamt“ haben mittlerweile Interesse an den Todesumständen von Philipp Buchner.
Die vergangen drei Tage hat „Fass ohne Boden“ eine Netzwerkanalyse gestartet. Ziel der ersten Vorrecherche war es, eine Person aus seinem Umfeld für ein Telefonat zu gewinnen. Und dank eines persönlichen Freundes von Philipp Buchner konnte die Redaktion einen exklusiven Einblick in die Welt des Verstorbenen erhalten. Für sämtliche nachfolgenden Personen und Protagonisten gilt die Unschuldsvermutung.
Beeindruckender Freundeskreis von Philipp Buchner
Open Source Intelligence (= OSINT) ist ein Begriff der Nachrichtendienste, bei dem für die Nachrichtengewinnung relevanten Informationen aus offenen Quellen (z.B. Facebook, Instagram, Firmenbücher, etc.) gesammelt werden. Schnell wurde der Redaktion klar, dass der verstorbene Philipp Buchner in der Tat interessante Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in seiner Facebook-Freundesliste hatte: ein ehemaliger Bundeskanzler von Österreich; eine Immobilienmaklerin, die prominent in der Causa „Ibiza-Video“ vertreten war; ein ehemaliger Kabinettchef des Innenministeriums, der dem sogenannten „rot-weiß-roten“ Netzwerk angehört und Geschäftsleute, die eindeutig Partner und Freunde eines bulgarischen Geschäftsmanns sind, der wiederum in der Causa „Güssinger“ Wasser für Schlagzeilen gesorgt hat.
Doch bei näherer Betrachtung findet man auch Geschäftsleute aus Russland und Bulgarien, die mit heimischen Unternehmensberatern und Immobilienentwicklern enge wirtschaftliche Beziehungen pflegen. Und einige von den Unternehmern werden laut „Fass ohne Boden“-Informanten als „zwielichtig“ beschrieben, genauer gesagt, sie werden der „Organisierten Kriminalität“ zugeordnet. Es ist auch von Geldwäsche die Rede. Ob, wie und in welchem Ausmaß, kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden.
Es erscheint aber für die Redaktion plausibel, dass das Interesse des Bundeskriminalamts geweckt wurde. Dem Firmengeflecht werden wir uns annehmen, dies Bedarf jedoch Zeit. Die Größenordnung, in einem kleineren Ausmaß, ähnelt dem Correctiv-Projekt „Stadt Wien – Fass ohne Boden“.
Undurchschaubares Firmengeflecht
Der erste Eindruck: wir sind auf ein undurchsichtiges Firmengeflecht von Steuerberatern, Immobilienmaklern, Rechtsanwälten, Beteiligungsgesellschaften, Sicherheitsberatern, Consulting-Firmen und Stiftungen gestoßen. Es wird wohl Wochen dauern, bis die Redaktion eine Netzwerkanalyse auf die Beine stellen kann.
Nur um ein Gefühl für das Netzwerk zu bekommen: So konnte beispielsweise ein Geschäftsführer identifiziert werden, der wirtschaftliche Beziehungen mit dem Geschäftsmann S. S. aus Bulgarien unterhalten hat. M. W. ist nicht nur Gesellschafter von drei Firmen im Bereich der Vermögensverwaltung und Immobilienentwicklung, sondern laut Firmenbuch auch in 23 Immobilienprojekte involviert und auch als Geschäftsführer eingetragen.
Aber nicht nur die Größenordnung und die Firmenanzahl stellt ein Problem bei der Visualisierung dar, sondern die zeitliche Entwicklung der Immobilienprojekte. Eine Vielzahl an Projekten wurde bereits verkauft. Es bedarf daher einer händischen Nachbearbeitung, die sehr mühsam ist. Ehemalige Gesellschafter müssen aus den Historien der Firmenbücher von Hand recherchiert werden.
Doch welche Rolle hatte Philipp Buchner in der Causa „Güssinger“?
Philipp Buchner: „Mittelsmann“ oder „persönlicher Assistent“?
Der „österreichische Mittelsmann“ Philipp Buchner war laut seinem Freund mehr, als nur „Mittelsmann“. So konnte „Fass ohne Boden“ in Erfahrung bringen, dass der Verstorbene mit den Agenden eines „persönlichen Assistenten“ des bulgarischen Geschäftsmanns betraut war. Ein Freund des Verstorbenen, der einen regelmäßigen und intensiven Kontakt mit Philipp Buchner pflegte, hat sich der Redaktion anvertraut. Die Person möchte aber auf gar keinen Fall namentlich genannt werden (Name der Redaktion bekannt). Vor allem hat die Person, als noch Philipp Buchner gelebt hat, mehrfach gewarnt.
So gab diese Person aus dem Umfeld des Verstorbenen an, dass Philipp Buchner 2019, nach seiner Zeit in Untersuchungshaft, seinen Lebensmittelpunkt nach Sofia verlegt hatte. Er kam aber immer wieder nach Wien, wo er in einer Art Dienstwohnung übernachten konnte. Der „persönliche Assistent“ vom bulgarischen Geschäftsmann war sehr stark in die Causa „Güssinger“ Wasser involviert. Und ja, „Koordinator für alle medienrechtlichen sowie medialen Belange“ konnte „Fass ohne Boden“ über seinen Freund verifizieren. Sogar mehr, Philipp Buchner war der Informant des Mediums.
Fehde zwischen russischem vs. bulgarischem Geschäftsmann
Anlass für die wirtschaftliche Fehde sind die Eigentumsverhältnisse an der Firma „Güssinger“. Als eine „heftige Auseinandersetzung“ wird der Streit zwischen dem Geschäftsmann mit bulgarischem Hintergrund und dem mutmaßlichen Eigentümer, einem eingebürgerten Russen, dargestellt. Immerhin geht es um mehr als zehn Millionen Euro.
Doch wer ist nun der Eigentümer der Mineralwasserfirma? Genau darum geht es bei der wirtschaftlichen Fehde. Einige Worte zum Sachverhalt.
Die Gruppe um den in Österreich lebenden Russen ist offiziell im Firmenbuch mit einer Holding GmbH als Gesellschaft eingetragen. Aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten hat die bulgarische Gruppe, für die Philipp Buchner gearbeitet hat, das Unternehmen finanziell unterstützt. Nun beansprucht die bulgarische Gruppe das Mineralwasserunternehmen für sich. Begründet wird dies mit der Auslösung eines Kredits, man habe ja schließlich die Vermögenswerte erkauft. Die russisch-österreichische Seite wiederum vertritt die Meinung, dass man den Versuch einer wirtschaftlichen, feindlichen Übernahme abgewehrt habe. Eine Pattsituation und vor allem ein Fall für das Gericht, sollte es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung kommen. Doch der Todesfall dürfte eher zur Eskalation beitragen.
Zweifel an den Todesumständen von Philipp Buchner
Fotos und persönliche Nachrichten aus Chat-Programmen mit dem Verstorbenen konnte die Redaktion einsehen. Aber auch die Chronologie der Ereignisse, die Philipp Buchner betreffen, konnte der Informant präzise einordnen und aufschlüsseln. So bekamen wir einen Einblick in das Privatleben, die die bisher bekannte These, Buchner habe „etwas getrunken“ und sei „dann von einer Stiege gefallen und dabei gestorben“ in ein anderes Licht rückt.
Einschränkung des Bewegungsapparats
Dem Umfeld des Verstorbenen erscheint die derzeitige Version seltsam, es wurden sogar vehemente Zweifel geäußert. Zum einen hatte Philipp Buchner in der Vergangenheit mit einer Harley Davidson Maschine einen Motorradunfall. Dieser Unfall hatte schwerwiegende Folgen, da der Verstorbene, nach seiner Genesung, extreme Schwierigkeiten mit seinem Bewegungsapparat hatte. Daher wählte er laut seinem Freund, wann immer es nur erdenklich möglich war, einen Lift und ging nicht Treppen hoch oder hinunter. Der Informant gegenüber der Redaktion: „Philipp Buchner hat Treppen gemieden.“
„Alkohol nicht nachvollziehbar“
Darüber hinaus zweifelt der Freund an der Version des Alkoholkonsums: „Philipp hat auch keinen Alkohol trinken dürfen.“ Zwar gibt die Person zu, dass Philipp Buchner früher sehr wohl gerne und ausgelassen gefeiert hat, „er war ja auch ein lebensfroher Mensch“, jedoch war dies vor seiner Untersuchungshaft.
Was „Fass ohne Boden“ bis dato nicht verifizieren konnte, dürfte Philipp Buchner laut seinem Freund neun Monate in Untersuchungshaft (Josefstadt) verbracht haben, wegen „einer Betrugssache“. Auch dies erscheint plausibel, da es eine WordPress-Seite gibt, die ihn anonym, vor allem öffentlich denunziert. „Doch der Aufenthalt in Untersuchungshaft hat ihn verändert“, so der Informant.
Herzprobleme? „Er war gesund“
„Er hatte auch einen Fleck auf der Brust, welchen er am 5. November operieren lassen wollte“, daher sei auch das Argument des Herzproblems für den Freund des Verstorbenen nicht nachvollziehbar. „Er hatte definitiv nicht Herzprobleme, er hätte sogar nach Saudi-Arabien fliegen müssen. Und er hatte seine Voruntersuchungen für die Operation bereits absolviert.“ Der Informant holt weiter aus: „Er hatte nichts, er war gesund. Hätte er Herzprobleme gehabt, wäre eine Operation wohl nicht möglich gewesen.“
„Mordverdacht“?
Der Freund des Verstorbenen äußert sich eindeutig zu der Causa: „Es war Mord.“ Gegenüber „Fass ohne Boden“ wird auch erörtert, dass sich die Geschäftspartner von Philipp Buchner, als auch er selbst, in Bulgarien ausschließlich mit Personenschützern umgeben haben.
Die Untersuchungen zu den Todesumständen sind nach jetzigem Recherchestand nicht abgeschlossen.
Für den Freund herrscht große Ungewissheit: „Ich weiß gar nicht, ob der Leichnam von Philipp Buchner bereits nach Wien überstellt wurde. Ich weiß nicht einmal, wann und wo er beerdigt wird.“
Eines ist zum jetzigen Zeitpunkt gewiss: Philipp Buchner ist am 29. September 2019 gestorben. Am Tag seines Todes, wollte dieser eigentlich nach Wien reisen. Das Ziel war am Abend die Teilnahme an einer Wahlkampffeier einer politischen Partei. Dazu ist es jedoch nicht mehr gekommen, er war bereits tot.
Philipp Buchner hinterlässt drei Töchter.
Aufruf an die Öffentlichkeit
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