Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sieht sich erneut mit dem Vorwurf nach fehlender Transparenz konfrontiert. Neuester Anlass ist die Nicht-Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von Christian Hafenecker (FPÖ) mit dem Titel: „Flucht von Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek nach Minsk.“
Der ehemalige Generalsekretär der ÖVP, Karl Nehammer, begründet sein Vorgehen wie folgt: „Um die nicht abgeschlossenen Ermittlungen im anfragegegenständlichen Zusammenhang nicht zum Nachteil der Strafrechtspflege zu beeinträchtigen und im Hinblick auf die Nichtöffentlichkeit des strafbehördlichen Ermittlungsverfahrens (§ 12 StPO) ist eine Beantwortung dieser Fragen nicht zulässig.“
Dies erscheint verwunderlich, da zum einen öffentlich bekannte Tatsachen vom Nationalratsabgeordneten Hafenecker angefragt wurden. Beispielsweise berichtet derstandard.at bereits am 23. Dezember des vorigen Jahres über den Haftbefehl des untergetauchten Ex-Wirecard-Vertriebsvorstands Jan Marsalek (siehe auch „Wirecard 2020: 13 Seiten Haftbefehl, 15 Straftaten und Razzien in Wien„).
Interpellationsrecht: Nehammer beantwortet erneut keine Frage
Bereits im Jänner hat Innenminister Nehammer in einer anderen Causa (Attentat in Wien vom 2. November 2020 in Wien ) einen ähnlichen „Modus Operandi“ erkennen lassen. Damals ließ der Innenminister 54 Fragen unbeantwortet.
Zurück zur Causa Marsalek. Der Leser soll sich selbst ein Bild machen, ob Transparenz zumutbar wäre. Diese 13 Fragen blieben von Innenminister Karl Nehammer unbeantwortet:
- Wann wurde Haftbefehl gegen Jan Marsalek erlassen?
- Wann erfolgte Marsaleks Ausreise aus Österreich?
- Zu welchem Zeitpunkt wurde dies den ermittelnden Behörden bekannt?
- Wann wurde der für den Flug von Bad Vöslau nach Minsk erforderliche Auslandsflugplan vorgelegt?
- Welche konkrete Abteilung prüfte diesen?
- Zu welchem Ergebnis kam man dabei?
- Wurde im Zuge dessen Jan Marsalek als Passagier erfasst?
- Durch welche Beamten wurde die notwendige Zollabfertigung durchgeführt?
- Mit welchem Ausweis hat sich Marsalek ausgewiesen bei der Kontrolle?
- Wurden bzw. werden mit den weißrussischen Behörden Verhandlungen über eine Auslieferung Marsaleks geführt?
- Wenn ja, wann wurden diese aufgenommen?
- Wenn ja, welche Ergebnisse konnten bisher erzielt werden?
- Falls nein, warum nicht?
Die aktuelle Causa von Nehammer erinnert stark an Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger: „Köstinger beruft sich bei Informationen zur Bundesgärten-Chefin auf das Amtsgeheimnis – doch das darf sie laut Verfassung gar nicht.“
Erörterungen zum Interpellationsrecht
Schriftliche Anfragen können von fünf Abgeordneten oder drei Bundesräten an die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder gerichtet werden. Sie müssen innerhalb von zwei Monaten beantwortet werden. Die Beantwortung erfolgt in der Regel schriftlich, das befragte Regierungsmitglied kann aber auch mündlich antworten.