Eine Intrige rund um die karibische Offshore-Bank Migom zeigt den Einfluss des Iran in Österreich. Das Firmengeflecht und die Vorkommnisse erinnern an die Netflix-Serie Blacklist.
Eine internationale Spurensuche
Im Fokus steht eine Bank mit internationalen Kunden aus Russland und der Ukraine. 120-Millionen-Dollar sollen in der Karibik geparkt sein. Die Entwicklungen rund um die Bank zeigen, warum Österreich ein Hotspot für fragwürdige Hintermänner ist. Es zeigt vor allem aber auch, warum Österreich eine internationale Drehscheibe für Propagandisten aus dem Nahen Osten ist. Eine internationale Spurensuche.
Offshore-Bank Migom
Die Migom Verwaltungs GmbH (FN 521334v) wurde mit Sitz in Wien gegründet. Anfangs hielt der geschäftsführende Gesellschafter 100% der Anteile, gab jedoch 75% der Anteile an eine Russin mit amerikanischem Pass ab, um sie später zurückzukaufen.
Diese Migom Verwaltungs GmbH kontrolliert als internationale Beteiligungsholding mehrheitlich die börsennotierte US-Gesellschaft Migom Global Corp. welche wiederum die 100%ige Gesellschafterin der operativ tätigen Migom Bank Ltd. in Dominika (Karibik) ist.
Razzia bei der Korrespondenzbank
Die Migom Bank Ltd. arbeitet ähnlich wie andere Onlinebanken, jedoch ohne direkte Überweisungsmöglichkeiten, weil sie selbst weder eine SWIFT noch SEPA-Anbindung hatte. Für Überweisungen nutzte die Bank deshalb die Dienste von Korrespondenzbanken. Eine davon, die litauische Bank Transactive Systems UAB, diente als einer der Abwickler. Dieser Bank wurde aber aufgrund von regulatorischen Verstößen die Lizenz entzogen. Nachdem auch die Beziehungen zu den anderen Korespondezbanken endeten, konnte die Migom Bank keine Überweisungen mehr tätigen.
Mitarbeiter als getarnter Eigentümer?
Und hier mutiert die Story zu einer Folge der Netflix-Serie „Blacklist“. Nach dem Abhandenkommen der Korrespondenzbanken war die Migom Bank defacto handlungsunfähig. Zwei Mitarbeiter versuchten deshalb in Folge, das Überweisungsproblem mittels Krypto-Accounts zu lösen. Bei einem der beiden Mitarbeiter handelt es sich mutmaßlich um den Mastermind hinter der Konstruktion rund um die Migom Bank. Der besagte Mitarbeiter ist ein einschlägig bekannter Russe, der über mehrere Staatsbürgerschaften verfügt und mehrere verschiedene Identitäten verwendet.
Wo ist das Geld?
Das russische Mastermind transferierte, so nun der Verdacht, es gilt für ihn die Unschuldsvermutung, die Kundengelder der Bank auf ein von ihm erstelltes Krypto-Konto (Cold Wallet). Wie es scheint, sind 120 Millionen Dollar Kundengelder für die Organe der Bank nicht mehr zugänglich oder haben sogar den Besitzer gewechselt.
Mehr Schein als Sein
Protzige Häuser und teure Autos wurden gemietet, hauptsächlich um Eindruck zu schinden. Mittlerweile verfügt der Russe auch über einen Privatjet, eine 60 Meter Yacht, eine Villa in Dubai sowie ein stattliches Anwesen im Süden Englands. Er bevorzugt es bei jeder Gelegenheit, seine amerikanische Staatsbürgerschaft zu unterstreichen. Aufgrund der Umstände versucht die Redaktion über die Strafverfolgungsbehörden der Vereinigten Staaten in Erfahrung zu bringen, ob es sich bei seinem Reisepass um ein echtes Dokument handelt.
Fragwürdige Anteilsübertragungen
Ein sehr starkes Indiz für die zentrale Rolle des russischen Amerikaners liegt auch an einem bisher gut versteckten Detail. Seit Gründung der Migom Bank sowie aller dazugehöriger Firmen, soll er über seine Frau, eine gültige Option auf 75% der Anteile an der österreichischen Holdinggesellschaft haben. Nach dem der Transfer der Kryptogelder auf sein Wallet abgeschlossen war, ging nun der vermeintliche „Krypto-Broker“ daran die Spuren zu verwischen. Seine Frau übte die Option auf die Holdinganteile aus, um diese sofort weiter zu übertragen.
Propagandist als Strohmann
Auch wenn alle bisherigen Schritte, wie aus einer Folge mit „Raymond Reddington“ geplant waren, so kam es zu einem Missgeschick. Bei besagter Übertragung der Anteile wurde nicht irgendeine unauffällige Person gewählt, sondern Hamad Awidad. Jede andere Person hätte wahrscheinlich nicht für ein Interesse gesorgt wie dieser einschlägig bekannte Mann. Awidat ist international bekannt als Propagandist des syrischen Regimes und auf der Payroll des Irans.
„Assads Mann auf dem Golan“
Der „Journalist“ Hamad Awidat ist ein Druse mit israelischer Staatsbürgerschaft, der im israelisch besetzten Teil der Golanhöhen lebt. Trotz seiner israelischen Nationalität unterstützte er das Assad-Regime Syrien. Laut dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ arbeitete Awidat für den iranischen Fernsehsender Press TV. Dieser Sender ist wiederum für seine einschlägige pro-Assad-Propaganda bekannt.
Warum der vermeintliche russische Krypto-Händler sich auf den proiranischen Propagandisten festgelegt habt, darüber lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nur spekulieren. Die Story wird aber um eine weitere Facette reicher: Der Anwalt von Awidat ist Teil der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Der Konflikt zwischen Israel und Hamas spielt auch hier eine wesentliche Rolle.
Redaktion konfrontiert den Anwalt
Fass ohne Boden hat den Anwalt des Propagandisten Awidat konfrontiert. Dieser war für eine Stellungnahme nicht bereit. Er nützte jedoch die Chance, um der Redaktion mit rechtlichen Schritten zu drohen:
„Sollten Sie unwahre, kreditschädigende oder auf sonstige Weise ehrenrührige Behauptungen verbreiten, würden umgehend sämtliche in Betracht kommenden rechtliche Schritte gegen Sie eingeleitet werden.“ (Anwalt von Hamad Awidat)
Im Sinne der Transparenz legt Fass ohne Boden die wesentlichen Fragen offen:
- Wie sehen Ihre Klienten den aktuellen Case rund um die Migom Bank? Wir bieten Ihnen bzw. Ihren Klienten eine Möglichkeit für eine Stellungnahme an (Anm.: wir können leider Stellungnahmen nur auf Deutsch berücksichtigen).
- Ist ihnen bekannt, dass Herr AWIDAT ein „israelischer Staatsbürgerschaft ist, aber glühender Anhänger des syrischen Assad-Regimes“? Laut dem Artikel verbreitet er aus seinem Dorf „dessen Staatspropaganda in die ganze Welt. […] Sein Arbeitgeber ist der staatliche iranische Fernsehsender Press TV, der für seine pro-Assad-Berichte bekannt ist.“
- Haben Sie weitere Klienten mit ähnlichem Gedankengut aus dem Iran-Regime?
- Haben Sie weitere Klienten, die mit dem Regime von Baschar AL-ASSAD kooperieren?
- Haben Sie Klienten aus dem Umfeld der HISBOLLAH und/oder HAMAS in Österreich?
- Haben Sie Klienten aus dem Umfeld der HISBOLLAH und/oder HAMAS weltweit?
- Vertreten Sie persönlich als Rechtsanwalt die Ideologie von Herrn AWIDAT?
Konfrontation der Migom Verwaltung
Fass ohne Boden hat sowohl den CEO der Migom Bank als auch den Geschäftsführer der Migom Verwaltungs GmbH versucht mit den Rechercheergebnissen zu konfrontieren. Beide haben jedoch mit Verweis auf das Bankgeheimnis eine Stellungnahme verweigert.
Ausblick und weitere Recherchen
Über den Verbleib der Kundengelder, geschätzt auf 120 Millionen US-Dollar, herrscht Unklarheit. Auch die wundersame Vermehrung des Reichtums des talentierten russischen Krypto-Händlers gibt Rätsel auf. Klar ist, Fass ohne Boden bleibt dran. Wir werden nun unsere Recherchen nach Großbritannien, USA und Dubai verlagern. Vielleicht finden wir dort nicht nur das verschollene Kryptogeld sondern auch den wahren Namen des Russen.