Der ÖVP-U-Ausschuss startet in den dritten Befragungstag. Vier Beamte des Finanzministeriums und ein Gruppenleiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kommen diese Woche in den ÖVP-Korruptionsausschuss zu Wort. Der heutige Tag wurde mit Pressestatements der parlamentarischen Fraktionen eröffnet.
Christian Hafenecker (FPÖ) möchte am heutigen Tag in Erfahrungen bringen, ob die ÖVP überhaupt Interesse hat, für Transparenz rund um „Causa Beinschab“ zu sorgen oder ob es sich nur um ein „Lippenbekenntnis“ handelt. Damit die Öffentlichkeit sich selbst ein Bild machen kann, hat die FPÖ eine Serie an Anfragen „an alle Ministerien“ gestellt (z.B. Auftragsvergaben an die Karmasin Research & Identity GmbH (10108/J), um zu erfahren, wo noch die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) „mitgeschnitten“ hat. Die Ministerien haben nun zwei Monate Zeit, die Fragen von Hafenecker zu beantworten. Karmasin wurde nach ihrer Einvernahme vor den Ermittlern am vergangenen Mittwoch vorübergehend festgenommen. Am Donnerstag wurde sie in die Justizanstalt Josefstadt überstellt. Dort sitzt die Beschuldigte, für die die Unschuldsvermutung gilt, seit Freitag in Untersuchungshaft. (derstandard.at)
Andreas Hanger (ÖVP) rechtfertigt sich für die Abwicklung und Gangart für die Befragungsart von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in der vergangenen Woche. Zur Causa Pilz hält er fest: „Dies war eine Umgehungskonstruktion.“ Gemeint ist jenes Konvolut, dass der Herausgeber dem Ausschuss übergeben hat.
Oberstaatsanwalt B. W. beginnt mit einem Statement
Seit Beginn der Ermittlungen im Frühling 2019 erlebt die WKStA eine einzigartige Kampagne. Zum einen wurde auf Mitarbeiter Druck erzeugt, zum anderen wurden einzelne Staatsanwälte verfolgt. Der Oberstaatsanwalt spricht sogar von einer „Medienkampagne gegen Mitarbeiter und WKStA“, aber die „volle Dimension ist noch nicht bekannt.“ Als Teamleiter überwacht B. W. die „Causa Ibiza“ bei der WKStA. Als Gruppenleiter nimmt er Organisation- und Koordinationsaufgaben wahr. Seit Mitte 2019 beinhaltet ein weiterer Akt, der sogenannte „Casino-Akt“, 3000 Dateien und rund 55.000 Seiten. In Summe wurden 124 Berichte für übergeordnete Behörden vorgelegt. Mittlerweile besteht das Team aus sieben Personen.
„WKStA leakt nicht“
Der Verfahrensrichter fragt nach Leaks aus dem Akt. Auch die WKStA beschäftigt sich ständig mir der Frage, wer das Material leaken würde. Aktenleaks seien verwerflich. Der Oberstaatsanwalt ist der Auffassung, dass die Leaks gezielt in den Medien platziert werden, um einen notwendigen „Spin“ zu erzeugen. Kein Mitglied des WKStA-Teams leake Akten, so der Oberstaatsanwalt, „dafür lege er seine Hand ins Feuer“.
Stefanie Krisper (NEOS) eröffnet die Fragerunde. Zu Beginn möchte die pinke Abgeordnete wissen, wie viele Mitarbeiter die Gruppe benötigen würde, damit man besser und effizienter arbeiten könnte. Aus Sicht des Gruppenleiters würde es drei weitere Staatsanwälte brauchen. Diese Aufstockung wäre sinnvoll.
„Einzigartiger“ Vorgang – Observation von WKStA-Staatsanwalt
Der Oberstaatsanwalt gibt sich sehr schockiert, als er ein Dokument vor Ort gesichtet hat. Im vorgelegten Dokument schrieb der ehemalige Sektionschef Christian Pilnacek, er stelle sich eine Observation eines WKStA-Staatsanwalts vor. B. W. könne nur eine Grobschätzung abgeben, aber dieser Chat sei in seiner Laufbahn einzigartig. Im Zuge der Befragung stellt der Oberstaatsanwalt fest, dass die „Soko Ibiza“ selbst als Leaker im Verdacht gestanden ist. Diese Aussage gleicht einem Supergau.
Dass eine Polizeieinheit Erwägungen für eine Observation gegen die Staatsanwaltschaft in Betracht gezogen hat, sei einzigartig in der Republik. Während Pilnacek derzeit suspendiert ist, sei der involvierte Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien immer noch aktiv. Er als Personalvertreter sehe der Oberstaatsanwalt einen dringenden Handlungsbedarf.
Aktuell stellt Krisper Fragen zur Causa Poppenwimmer. Die Staatsanwältin der WKStA, so Verdacht, leitete Interna an die Oberstaatsanwaltschaft weiter. Dies erfolgte, bevor die Oberstaatsanwältin Linda Poppenwimmer zur Anwaltskanzlei Ainedter wechselte. Scheinbar informierte Poppenwimmer den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien mit WKStA-Interna auf dem Laufenden. (derstandard.at)
Christian Stocker (ÖVP) setzt die Frage runde fort.
Politische Einflussnahme auf die WKStA?
„Keine politische Einflussnahme auf die erste Ebene der Staatsanwaltschaft“, so der Oberstaatsanwalt. Diese erfolgt auf höheren Ebenen, er selbst habe keine direkte Wahrnehmung zu einer direkten politischen Einflussnahme. „Massive Befangenheit“ sei bei einzelnen Vertretern der Justiz beobachtbar, so der Oberstaatsanwalt.
Staatsanwälte lassen sich nicht beeinflussen
„Causa Poppenwimmer“
Herr zitiert aus einer Nachricht Poppenwimmers an Fuchs von der Oberstaatsanwaltschaft Wien, in der sie ihm als Leiter anbot, ihn über „Leaks“ und „politische Motivation“ der WKStA zu informieren. Die rote Abgeordnete findet es interessant, dass sich dieses Wording auch hier im U-Ausschuss bei der ÖVP wiederfinde. (derstandard.at)
Christian Hafenecker übernimmt die Fragerunde.
Transparenz a la ÖVP
Hafenecker (FPÖ) möchte nun erfahren, ob die ÖVP proaktiv sich Transparenz einsetzt. Bis dato gas es keine Einvernahme von Sebastian Kurz. Diese Woche gab es aber einen Einvernahmetermin mit Thomas Schmid.
David Stegmüller (Grüne) hat nun das Wort erhalten und startet seine erste Frage zur Causa Blümel.
Fragen zu Ermittlungen Peschorn und Blümel
Stögmüller nimmt auf einen Akt Bezug, in dem Gernot Blümel Amtsmissbrauch vorgeworfen wird und dem Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Dieses Verfahren beschäftigt sich mit der verspäteten Aktenlieferung des Finanzministeriums an den U-Ausschuss. Laut Verdacht der WKStA sei Blümel daran beteiligt gewesen. In einer Dienstaufsichtsbeschwerde hat Peschorn inzwischen bestimmte Verfahrensschritte bemängelt. Der Oberstaatsanwalt erörtert, dass es sogenannte Vorhabenberichte geben wird. Mehr wolle er dazu nicht sagen. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Hausdurchsuchung im Hause Fellner
Spenden an die ÖVP
Aktuell ist eine Diskussion entbrannt, ob Spenden an die ÖVP relevant erscheinen oder nicht. Dies ist der Fall, aber im konkreten Fall „Causa Wolf“ seien dem Oberstaatsanwalt keine Geldflüsse an die ÖVP bekannt.
Stefanie Krisper (NEOS) ist nun am Wort.
E-Mails von WKStA-Mitarbeitern
Die NEOS-Fraktionsführerin Krisper kommt auf die Idee von Pilnacek zu sprechen, auf E-Mail-Accounts von WKStA-Mitarbeitern zuzugreifen. Der Oberstaatsanwalt kenne die Causa nur aus den Medien. In einem offenen Brief als Personalvertreter habe er von der Ministerin verlangt, die Causa aufzuarbeiten.