Die Medienbehörde KommAustria veröffentlicht vierteljährlich alle Inserate- und Werbeaufträge der öffentlichen Hand. Mehr als 5000 Rechtsträger – von der Wirtschaftskammer Wien über der Bezirksbauernkammer Voitsberg bis zum Bundesministerium für Inneres – sind nach dem Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz (MedKF-TG) zur Meldung verpflichtet. Im 1.Quartal 2019 flossen mehr als 35 Millionen Euro der öffentlichen Hand in Medien und Werbekooperationen (siehe auch medien-transparenz.at).
ORF Programmentgelt: 159 Millionen
Euro
Die wohl größte Überraschung der Datenbank ist die Nennung des ORF Programmentgelts. Das Programmentgelt vom Österreichischen Rundfunk (gemäß § 31 Abs. 1 ORF-G) macht im 1. Quartal im Jahr 2019 die unglaubliche Summe von 159 Millionen Euro aus (159.200.000). Die verschiedenen Medienprodukte des ORF, sei es ORF eins oder ORF 2, erhalten darüber hinaus aber noch zusätzlich Werbeschaltungen der öffentlichen Hand. Der Sender “ORF 2” bekam von der öffentlichen Hand 1.604.297,40 Euro, der “ORF eins” immerhin noch 620.480,77 Euro.
Förderungen vom RTR: 16 Millionen
Euro
Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) gab im ersten Quartal 2019 16 Millionen Euro (16.102.069 Euro) für Förderungen aus. In Summe erhielten 99 Unternehmen eine Förderung. Die kleinste Förderung erhielt das Unternehmen T-ROCK GmbH https://www.t-rock.at in der Höhe von 6.000 Euro. Die Top-5 geförderten Unternehmen lauten:
- PULS 4 TV GmbH & Co KG: 1.645.551 Euro
- Red Bull Media House GmbH: 1.374.657 Euro
- Digital Errichtungs- und Beteiligungs GmbH (oe24.at): 985.000 Euro
- Krone Multimedia GesmbH & Co KG: 605.000 Euro
- schau Media Wien GesmbH: 507.000 Euro
Interessant ist vor allem aber auch, wer noch aller Förderungen erhielt [Anm.: beliebige Auswahl], sprich abseits von den bekannten Medien: So könnte man das Unternehmen „Mein Kinderradio Ltd.“ nennen, mit 50.782 Euro. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein Unternehmen aus Birmingham, die Zweigniederlassung laut Firmenbuch befindet sich in der Steiermark. Aber auch die „Die Montafonerbahn Aktiengesellschaft“ erhielt eine Förderung in der Höhe von 45.000 Euro. Die „Murauer Stadtwerke Gesellschaft m.b.H.“ wurde mit 20.000 Euro gefördert.
Bundesländer: Spitzenreiter Wien
Knappe 4,9 Millionen (4.859.534,31 Euro) gaben in Summe die neun Bundesländer für Inserate aus. Ein Bundesland, Land Salzburg, hat im 1. Quartal des heurigen Jahres kein Geld für Inserate ausgegeben. Die Ausgaben im Detail:
- Stadt Wien: 3.225.404,04 Euro
- Land Oberösterreich: 439.224,79 Euro
- Land Niederösterreich: 390.645,95 Euro
- Land Steiermark: 303.611,72 Euro
- Land Tirol: 183.216,90 Euro
- Land Vorarlberg: 142.188 Euro
- Land Kärnten: 106.197,83 Euro
- Land Burgenland: 69.045,08 Euro
- Land Salzburg: 0
Am Beispiel der Stadt Wien zeigt sich aber, welche gravierenden Mängel die Datenbank beinhaltet. Beispielsweise werden die Inserate Wien Holding, GESIBA Gemeinnützige Siedlungs- und Bauaktiengesellschaft, Wien Energie, WIEN ENERGIE Vertrieb GmbH & Co KG oder BESTATTUNG WIEN GmbH der Stadt Wien nicht hinzugezählt. Jeder Träger wird für sich ausgewiesen.
So macht im ersten Quartal das Inserate- und Werbevolumen der Wien Energie zwar nur 128.773,69 Euro aus, wer aber sich die Datenbank genau ansieht, dem fällt die WIEN ENERGIE Vertrieb GmbH & Co KG auf: 632.368,35 Euro.
Hier ein Link zu einer interessanten graphischen Aufarbeitung.
Öffentliche Hand: Inserate und Kooperationen der Stadt Wien
Die Top-5 Empfänger von Inseraten der Stadt Wien lauten:
- Heute: 529.326,22 Euro
- Kronen Zeitung: 409.950,5 Euro
- Der Standard: 194.102,6 Euro
- Kurier: 179.520,08 Euro
- Österreich – oe24: 176.217,03 Euro
Ca. 1/6 des Etats erhielt die Tageszeitung Heute. 25.197,45 Euro kommen noch hinzu, wenn man die Werbeanzeigen von heute.at beachtet. Beispielsweise ist dies ähnlich bei der Presse, Presse am Sonntag und presse.at: Zählt man die drei ausgewiesenen Unternehmen zusammen (128.343,28, 68.288 und 6799,99 Euro), ergibt dies 203,431,45 Euro.
Inserate für den Kurier: 1,3
Millionen Euro
Als Beispiel für ein Printmedium soll der Kurier angeführt werden. Der Kurier erhielt knappe 1,3 Millionen Euro (1.296.916,22) im ersten Quartal. Die Top-5 Werber lauten:
- Österreichischer Rundfunk: 221.710 Euro
- Stadt Wien: 179.520,08 Euro
- Bundesministerium für Finanzen: 81.568,65 Euro
- Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H.: 47.950 Euro
- Bundeskanzleramt: 45.604,2 Euro
Grundsätzlich geht man davon aus, dass Medien unparteiisch und objektiv agieren. Eine Perle der Berichterstattung aus jüngster Zeit darf dem Leser an dieser Stelle nicht vorenthalten werden: „Rund um die Aufarbeitung der Ibiza-Affäre werden auf fragwürdigen Internet-Portalen ungeniert Verschwörungstheorien und Desinformation verbreitet.“ Die Autoren zeigen sich kryptisch, konkret wird kein Unternehmen und kein Medium genannt.
Immerhin, das Finanzministerium hat bereits „ein Treffen“ zugegeben. Dies belegt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage: „Am 27. August 2012 kam zu einem Treffen zwischen Beamten des Zollamtes Graz und drei Vertretern der Gruppe Sicherheit, darunter auch Julian H. Den Beamten des Zollamtes Graz wurde eine Aufstellung über Personen vorgelegt, die sich mit dem illegalen Handel und Vertrieb von Zigaretten sowie der illegalen Produktion von Zigaretten in großem Stil beschäftigen würden.“
Wesentlich ist anzumerken, dass es schon im Vorfeld einen Austausch gegeben hat, genauer gesagt, im Jahr 2011 beim Projekt „Lindwurm“. Die Fass ohne Boden vorliegenden Dokumente weisen die Aktentzahl320000/90108/2011-afa aus, Sachbearbeiter ein Herr K. Bei Projekt Mezzo wiederum hieß der Ansprechpartner Herr Oliver P. Womöglich hat der Kurier nur die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage am Schreibtisch, würde dann auch den Inhalt erklären.
So gesehen kann der Leser beruhigt sein, dass Fass ohne Boden, aber auch die Tageszeitung Österreich und oe24.at nicht von der Berichterstattung des Kuriers gemeint sein kann.
Verbund AG
Der Verbund gab beispielsweise 752.547,35 Euro im ersten Quartal 2019 für Inserate und Kooperationen aus. Hier zeichnet sich ein interessantes Bild auf den ersten Blick ab:
- youtube.com: 62.368,75 Euro
- ORF 2: 61.313,70 Euro
- ProSieben Austria: 37.835,47 Euro
- ORF eins: 37.235,1 Euro
- Heute: 36.716,91 Euro
Spitzenreiter ist die Videoplattform youtube.com. Rechnet man aber ORF 2 und ORF eins zusammen, ergibt das knappe 100.000 Euro (98.548,80 Euro), und somit wäre der ORF, als kumulierte Menge, auf Platz 1.
Ein weiteres Beispiel für das Problem der Darstellung der Datenbank: Tochterunternehmen werden separat geführt. Ein Tochterunternehmen von der Verbund Aktiengesellschaft ist beispielsweise das Unternehmen Verbund Sales. Neun Werbeposten sind dem Rohdatenmaterial zu entnehmen.
In Zahlen: 128.365,28 Euro. Würde man beide Unternehmen zusammenfassen, sprich ebenfalls kumuliert darstellen, wären es bereits 880.912,63 Euro. Da es um zwei verschiedene Unternehmen handelt, werden diese eben separat geführt.
Agrarmarkt Austria Marketing GmbH
Im 1. Quartal hat die „Agrarmarkt Austria Marketing GmbH“ https://amainfo.at eine halbe Million Euro (499.121,21 Euro) für die österreichische Medienlandschaft ausgegeben. Der hundertprozentige Gesellschafter der Agrarmarkt Austria Marketing GmbH heißt Agrarmarkt Austria (AMA) Wien. Agrarmarkt Austria Marketing GmbH (kurz AMA-Marketing) wurde im Zuge des EU-Beitritts Österreichs mit der Förderung des Agrarmarketings in Österreich betraut. Die AMA-Marketing GesmbH ist eine 100%ige Tochter der Marktordnungsstelle AMA, einer juristischen Person öffentlichen Rechts.
Die Aufgaben der AMA-Marketing „sind gesetzlich vorgegeben: die Vermarktung von Agrarprodukten im In- und Ausland sowie Maßnahmen zur Förderung der Qualität von Lebensmitteln. Lebensmittel, die qualitativ die gesetzlichen Vorgaben übertreffen, zeichnet die AMA-Marketing mit dem AMA-Gütesiegel aus, Bio-Lebensmittel mit dem AMA-Biosiegel.“ (AMA-Marketing)
Top-5 Empfänge von Inseraten lauten:
- ORF eins: 136.518 Euro
- Kronen Zeitung: 66.432,43 Euro
- Kurier: 25.672,45 Euro
- ORF 2: 24.569 € Euro
- Woman: 22.265,74 Euro
Von der halben Million Euro an ausgegebenen Werbeinseraten, erhielt der ORF (ORF eins und ORF 2) 161.087 Euro, grob ein Drittel des Werbevolumens.
Wer ist zur Meldung verpflichtet?
Ab 2012 müssen mehr als 5000 verpflichtete Stellen viermal im Jahr, sprich jedes Quartal, ihre Werbeausgaben offenlegen. Die Bekanntgabepflicht nach dem Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz (MedKF-TG) betrifft jene Rechtsträger, die sich auf der Liste des Rechnungshofes befinden.
Sämtliche Formen der Werbung, des Sponsoring und der Produktplatzierung in Fernseh- und Hörfunkprogrammen und in audiovisuellen Mediendiensten sowie Aufträge für Patronanzsendungen in privaten Hörfunkprogrammen sind davon betroffen. Aber auch audiovisuelle Mediendienste wie YouTube und Twitter fallen unter das Gesetz.
Methode
12.144 Datensätze, sprich Zeilen, enthält der Rohdatensatz. Bereinigt man die Leermeldungen, sprich jene Träger der öffentlichen Hand, die keine Inserate geschalten haben, bleiben 1831 Datensätze über, wenn man sämtliche Kategorien “3” und “4” ebenfalls abzieht. Dieser bereinigte Datensatz war die Grundlage für den Artikel.
Ist Geld an „Fass ohne
Boden“ geflossen?
Nein. Wir agieren unabhängig und jenseits von wirtschaftlicher oder politischer Einflussnahme. Wir nehmen kein Geld der „öffentlichen Hand“ an. Sprich keine Inserate von Gemeinden, Behörden und Ministerien an, ebenso nicht von Parteien, Interessenvertretungen, Gewerkschaften oder politischen Vorfeldorganisationen.
Daher sind wir auf deine Spende als Privatperson angewiesen.
Quelle
Zur Datenbank der RTR bzw. zum Datensatz des Berichts geht es hier.