Anlässlich der einberufenen Sondergemeinderates stellte NEOS Wien Klubobmann Christoph Wiederkehr fest, dass SPÖ und Grüne an transparenten Flächenwidmungsverfahren offenbar nicht interessiert sind: „Was muss eigentlich noch passieren, damit Rot-Grün endlich Fehler eingesteht? Die Korruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt gegen acht Verdächtige unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, darunter der ehemalige Grüne Planungssprecher Christoph Chorherr.“
Wiederkehr: „Dubiose“ Flächenwidmungen schon lange ein Thema
„Dubiose“ Flächenwidmungen seien in Wien schon länger Thema, lange vor dem „Skandal“ rund um den Grünen Ex-Gemeinderat Chorherr und dem Bekanntwerden der Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft rund um Spenden von Immo-Entwicklern an Chorherrs Verein „s2arch“. Bereits in den 2000er-Jahren seien Flächenwidmungen und „Wunsch-Flächenwidmungen“ Thema einer Untersuchungskommission gewesen, erinnerte Wiederkehr.
Die Stadtregierung hätte nicht aus ihren Fehlern gelernt. Als Beispiel dafür zählte Wiederkehr unter anderem die Flächenwidmung für das Heumarkt-Areal auf. Durch die Hochhaus-Widmung handle die Stadt gegen die Interessen der BürgerInnen und gefährde den Status der gesamten Innenstadt als UNESCO-Welterbe. Bei der Umwidmung des Casino Zögernitz in Döbling hätte die Stadt dem Immo-Entwickler durch eine deutliche Aufstockung der verbaubaren Kubatur „Gewinne in Millionenhöhe“ ermöglicht – mit der Gegenleistung, das denkmalgeschützte Casino zu restaurieren. Passiert sei dies bisher nicht. Bei der Flächenwidmung sei auch Chorherr als Planungssprecher involviert gewesen.
SPÖ und Grüne müssen Flächenwidmungen endlich transparent gestalten!
Christoph Wiederkehr, NEOS Wien Klubobmann
Wiederkehr brachte dazu einen Antrag ein. Unvereinbarkeiten zwischen politischen Funktionen und Engagement in Vereinen müsse strenger gehandhabt werden, forderte der NEOS-Klubobmann. So müsse es künftig verboten sein, dass ein Politiker „sich selbst beziehungsweise seinem Verein Förderungen freigibt“, wie dies Chorherr getan habe, so Wiederkehr.
ÖVP / Olischar: „Nur Transparenz verhindert Korruption“
Elisabeth Olischar von der ÖVP betonte, dass Flächenwidmungen ein „wichtiges und sensibles Thema“ bei der Stadtentwicklung seien. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittle „nicht zum Spaß“, die Dauer der Ermittlungen sei ein Hinweis darauf, „dass an den Vorwürfen was dran ist“. Trotzdem hätte Olischar nicht den Eindruck, dass „irgendwer in der Stadtregierung von den Vorwürfen schockiert ist“. Entweder sei es den Verantwortlichen „egal“, sie fänden es „normal“ oder die Schwere der Vorwürfe sei ihnen nicht bewusst. Jedenfalls sei seit dem Bekanntwerden der Ermittlungen „nichts passiert“.
„Nur Transparenz verhindert Korruption“, sagte Olischar, was in der Vergangenheit geschehen sei, müsste aufgeklärt werden. Sie verwies auf einen Entwurf für die Einsetzung einer Untersuchungskommission zu den Flächenwidmungen in Christoph Chorherrs Zeit als Planungssprecher und lud alle Gemeinderäte ein, diesen ÖVP-Antrag zu unterstützen.
Jennifer Kickert (Grüne) verteidigt Chorherr
Jennifer Kickert (Grüne) verwies auf die Diskussion im Gemeinderat Ende September dieses Jahres, als Flächenwidmungen und Spenden aus der Immo-Branche an den Verein von Ex-Planungssprecher Chorherr „schon einmal Thema“ einer dringlichen Anfrage waren. Wie damals hätte sich Kickert auch heute vorgenommen „der Taktik der Delegitimisierung“ entgegen zu treten. Die Opposition ziele darauf ab, einen Politiker zu „dämonisieren“ und seinen Einfluss zu überhöhen.
Flächenwidmungen seien nicht „dubios“ sondern umstritten, weil es eben um entgegengesetzte Interessen von zum Beispiel Anrainern und Immobilienentwicklern gehe. Ziel der Flächenwidmungsverfahren sei eine Abwägung der Anliegen – meist komme es zu einer Lösung, mit der alle zufrieden sein könnten.
Ein „Korruptionsfall“ liege nicht vor, derzeit werde ermittelt, das Ergebnis sei noch offen. Von „Anlasswidmungen“ könne keine Rede sein. Es gebe zwar Widmungsansuchen von Investoren, diese werden aber stets von den Fachabteilungen des Magistrats geprüft. Wenn sie dem Gesamtkonzept des Stadtentwicklungsplans STEP entsprechen, dann werden sie weiter behandelt.
Georg Fürnkranz (FPÖ) bezeichnet Chorherr als „Stadtbaumeister“
Georg Fürnkranz (FPÖ) unterstellte dem ehemaligen Grünen-Planungssprecher Chorherr, sich als „der Stadtbaumeister“ geriert zu haben, und seine Rechte und Pflichten als Gemeinderats-Mandatar mit „Aufgaben vermischt zu haben, die ihm nicht zugestanden sind“. Jedes Mal, wenn es in den vergangenen Jahren bei Flächenwidmungen „Brösel“ gegeben habe, hätte Chorherr „seine Finger im Spiel“ gehabt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittle nun seit zwei Jahren – „das sind mehr als haltlose Gerüchte, das ist manifest“, sagte Fürnkranz.
Dem ÖVP-Antrag auf Einsetzen einer Untersuchungskommission erwiderte Fürnkranz: Es seien die Freiheitlichen gewesen, die als allererste den Rechnungshof um Prüfung ersucht hätten, und es sei auch diesmal wieder die FPÖ, die eine Untersuchungskommission ins Spiel gebracht habe. Demnach sei die ÖVP eingeladen, dem freiheitlichen Antrag zuzustimmen. Fürnkranz störte sich auch daran, dass Chorherr nach seinem Ausscheiden aus der Politik „sofort und ohne Genierer“ beim Immo-Konzern Soravia angeheuert habe; ihm fehle es offenbar an Unrechtsbewusstsein.
Omar Al-Rawi (SPÖ) verteidigt Heumarkt-Projekt
Bezogen auf die Vorwürfe gegen Chorherr berichtete Omar Al-Rawi (SPÖ) von der „komplexen, genauen“ Natur eines Widmungsverfahrens. Al-Rawi: „Wer glaubt, dass in diesem komplizierten Verfahren eine Person alleine etwas entscheiden kann, der war noch nie dabei oder hat den Prozess nicht verstanden“.
Ähnlich sei es beim Heumarkt verlaufen. Es ist bekannt, dass viele Stakeholder und Beteiligte in so einem Prozess involviert sind. Beispielsweise nannte er den Eislaufverein, der Bezirk, der Musikverein, das ansässige Gymnasium und der langwierige Architekturwettbewerb. Nun werfe die Opposition Chorherr vor, bei dem Projekt in der Jury gewesen zu sein, wobei er in jener Sitzung, als das Projekt entschieden wurde, „nicht einmal anwesend war“.
Richtung Opposition meinte Al-Rawi, diese würde Wien als „Chaosstadt“ darstellen und die Beamtinnen und Beamten der Fachdienststellen „anschwärzen“. Diese hätten vielmehr „Meilensteine“ der Stadtplanung verwirklicht, etwa die Seestadt Aspern, das Viertel um den neuen Hauptbahnhof oder das „Viertel Zwei“.
Quellen
NEOS Wien/Wiederkehr: Schluss mit undurchsichtigen Wunschwidmungen!
56. Wiener Gemeinderat