Während Österreichs Kinder und Jugendliche die Sommerferien genießen, bleiben viele Mädchen nach der Rückkehr aus dem Ausland der Schule fern. 2021 meldete die Kinder- und Jugendhilfe 54 Verdachtsfälle von Zwangsehen. Experten des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) gehen sogar von bis zu 200 Zwangsehen jährlich aus. „Es ist barbarisch, junge Mädchen ins Ausland zu schicken, um sie dort zwangsweise zu verheiraten“, kritisiert Yannick Shetty.
Weltweite und nationale Dimension
Internationale Studien zeigen, dass weltweit mindestens 22 Millionen Menschen, darunter neun Millionen Kinder, von Zwangsverheiratung betroffen sind. Auch in Österreich ist diese gravierende Menschenrechtsverletzung präsent, doch das tatsächliche Ausmaß bleibt weitgehend unbekannt. Zwangsehen werden oft im persönlichen Umfeld vorbereitet und durchgeführt, was die Erfassung, den Opferschutz und die Strafverfolgung erheblich erschwert.
Kritik an Polaschek
Im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen ist ein Maßnahmenpaket gegen Zwangsehen vorgesehen, darunter die Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre und das Verbot der Heirat von Cousins. Trotz vierjähriger Regierungsarbeit wurden weder eine Ehe- und Partnerschaftsrechtsreform noch eine Kindschaftsrechtsreform umgesetzt.
„Es kann nicht sein, dass wir seit Jahren auf dieses Problem hinweisen, aber 2024 junge Frauen weiterhin gegen ihren Willen in Ehen mit erwachsenen Männern gezwungen werden. Die Regierung muss hier handeln“, fordert Shetty.
Zusammenarbeit mit Schulen
Ein Lagebericht des Projekts FORMA zur Zwangsverheiratung in Österreich empfiehlt eine intensivere Zusammenarbeit mit Schule, aber auch die Anhebung des Minstestalters für Eheschließungen.
„In Übereinstimmung mit internationalen menschenrechtlichen Standards empfehlen wir dringend, das Mindestalter für Eheschließungen auf 18 Jahre anzuheben und Beratungsangebote für Ehekandidat auszubauen, damit sie mehr über rechtliche Gegebenheiten erfahren“, betont Helmut Sax, Kinderrechtsexperte und Senior Researcher am Ludwig Boltzmann Institut.
Shetty fragt daher: „Welche Angebote gibt es zurzeit in Schulen, um präventiv gegen Zwangsverheiratung vorzugehen?“ und „Welche Unterstützung gibt es für Schülerinnen, die gegen ihren Willen verheiratet wurden?“
Fazit und Ausblick
Fakt ist, dass eine schnelle politische Lösung nicht herbeigeführt wird. Ob Martin Polaschek nach der Nationalratswahl im September weiterhin Bildungsminister sein wird, bleibt ungewiss.
Die NEOS erwarten dennoch umgehend konkrete Maßnahmen, um die Praxis der Zwangsehen in Österreich zu beenden. Die Frage stellt sich nur noch: Wann?