Nehammer warnte eindringlich vor den „Angstmachern“ wie FPÖ-Chef Herbert Kickl, die seiner Meinung nach Probleme nur ausnutzen, ohne echte Lösungen anzubieten. Er betonte, dass die Politik der „Mitte“ den Menschen Perspektiven und Sicherheit geben müsse, während er Kickl vorwarf, lediglich mit Verschwörungstheorien Angst zu schüren. Eine Zusammenarbeit mit Kickl nach der Wahl schloss Nehammer kategorisch aus, da er Kickl als Politiker ansieht, der sich von der politischen Verantwortung abgewandt habe.
Kein Sparpaket, sondern Wachstum
Trotz gegenteiliger Meinungen führender Wirtschaftsexperten versicherte Nehammer, dass es nach der Wahl kein Sparpaket geben werde. Stattdessen setzt er auf Wirtschaftswachstum als Lösung. Er bezeichnete zwei Prozent Wachstum pro Jahr als den „Schlüssel zum Erfolg“ und nannte als Maßnahmen unter anderem Lohnnebenkostensenkungen und Steuererleichterungen für Überstunden. Das schwache Wachstum in Österreich erklärte er mit dem hohen Ausgangsniveau vor den Krisenjahren sowie dem Abschwung in Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner Österreichs.
In der Wirtschaftspolitik ist entscheidend, dass wir den Kuchen größer machen, das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Wir wollen in den nächsten 5 Jahren ein Gesamtwachstum von 10 % erreichen. #orfsg24 pic.twitter.com/XzGFcLwM87
— Karl Nehammer (@karlnehammer) September 2, 2024
Unklare Gegenfinanzierung
Zur Gegenfinanzierung der geplanten Maßnahmen plant Nehammer, strukturelle Förderungen zu kürzen und durch Steuergutschriften und Garantien zu ersetzen. Wo genau die geplanten vier Milliarden Euro eingespart werden sollen, ließ er jedoch offen und betonte, dass dies „genau geprüft“ werden müsse.
Einsparungen erhofft er sich auch durch ein neues System bei der Verhandlung von Ministeriumsbudgets, das sogenannte Zero-Base-Budgeting, bei dem die Budgets immer von null aus neu verhandelt werden sollen.
Bekämpfung der Inflation
Nehammer verteidigte die bisherigen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Inflation, darunter Strom- und Mietpreisdeckel sowie die Übergewinnsteuer für Energieunternehmen. Diese Maßnahmen hätten die Kaufkraft der Menschen gestärkt. Auf den Einwand, dass vor allem die Unternehmen mit Lohnerhöhungen den Hauptanteil an der Kaufkraftsteigerung getragen hätten, entgegnete Nehammer, dass die Abschaffung der kalten Progression diesen Effekt erst ermöglicht habe.
Keine Abschaffung des Dieselprivilegs
In Bezug auf den Klimaschutz sprach sich Nehammer gegen die Abschaffung des Dieselprivilegs und der Pendlerpauschale aus. Er betonte, dass viele Menschen auf das Auto angewiesen seien, um arbeiten zu können, und dass eine Abschaffung dieser Vergünstigungen den Wirtschaftsstandort Österreich belasten würde. Stattdessen sieht er CO2-Einsparungspotenzial vor allem in neuen Technologien wie CO2-Speicherungen. Zudem kritisierte er Umweltministerin Leonore Gewessler und ihre Unterstützung für die EU-Renaturalisierungsrichtlinie, die er als übertrieben ablehnte.
Migration und Asylverfahren
Nehammer rechtfertigte die bisherige Migrationspolitik der Regierung und verwies auf die Fortschritte im Kampf gegen illegale Migration auf EU-Ebene. Er bekräftigte die Notwendigkeit von Asylverfahren in sicheren Drittstaaten, um das Geschäftsmodell der Schlepperkriminalität zu zerschlagen.
Kritik an Unklarheit und Zurückhaltung
Kritiker bemängelten nach dem Sommergespräch vor allem die Unklarheit von Nehammers Aussagen, insbesondere in Bezug auf konkrete Einsparmaßnahmen. Politologe Peter Filzmaier stellte fest, dass Nehammer sich bemühte, eine klassische Position der Mitte einzunehmen, jedoch große Schwierigkeiten habe, diese Position erfolgreich zu vertreten.
Auch die stellvertretende Chefredakteurin des „Standard“, Petra Stuiber, kritisierte, dass Nehammer keine klaren Antworten darauf gab, wo gespart werden soll. Sie merkte an, dass er wohl niemanden vor den Kopf stoßen wollte, indem er konkrete Subventionskürzungen benennt.
Fazit und Ausblick
Insgesamt präsentierte sich Nehammer im Sommergespräch als ein Politiker, der zwar klare Ziele formulierte, aber in entscheidenden Punkten keine konkreten Lösungen oder Maßnahmen aufzeigte, was sowohl in den Medien als auch bei Experten auf Kritik stieß.
Quellen
Karl Nehammer auf X