Innenminister Karl Nehammer, Frauenministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und der Leiter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts OGM, Wolfgang Bachmayer, präsentierten am Montag eine aktuelle Studie. Inhaltlich wurden Ergebnisse von häuslicherer Gewalt während der Corona-Pandemie in den Monaten März und April 2020 dargestellt.
Der Coronavirus-Lockdown hat seit 16. März die Gesamtkriminalität in Österreich im Vergleich zum Vorjahr um 46,4 Prozent reduziert. Steigerungen gab es jedoch bei häuslicher Gewalt und Cybercrime. „Gewalt hat in unserer Gesellschaft keinen Platz – weder in der Öffentlichkeit noch im privaten Bereich. Das bedeutet aber auch ein herausforderndes Herangehen vor allem für die Polizei“, sagte Innenminister Nehammer.
Häusliche Gewalt: Anstieg gegen Ende der Beschränkungen
Einen Anstieg gab es bei Betretungs- und Annäherungsverboten wegen häuslicher Gewalt – jedoch erst gegen Ende der Covid-Beschränkungen, sagte der amtsführende Direktor des Bundeskriminalamts (BK), Gerhard Lang. 4.410 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden 2020 bis 17. Mai verhängt. Im Schnitt sind es in Österreich 30 pro Tag, im April und Mai waren es knapp 35 täglich.
Bis zum 31. August 2020 wurden in Österreich insgesamt 8.063 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Durchschnittlich werden etwas mehr als 1.000 Betretungsverbote pro Monat in Österreich verhängt. Im März 2020 wurden laut Aufzeichnungen des Innenministeriums 972 Betretungs- und Annäherungsverbote verhängt, im April 1.081, im Mai 1.049, im Juni 1.000, im Juli 1.084 und im August 1.055.
„Bei häuslicher Gewalt ist häufig sehr viel Alkohol im Spiel. Daher bedarf es besonders geschulten Polizistinnen und Polizisten“, so Nehammer.
2019: 26.000 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt
Frauenministerin Raab stellt fest, dass 2019 26.000 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt erstattet wurden. Alleine in diesem Jahr, 2020, gab es bereits 16 Frauenmorde. „Und jede fünfte Frau gibt an, schon einmal Opfer von physischer oder sexueller Gewalt geworden zu sein“, sagte Raab.
Aus diesem Grund wurden Maßnahmen im Kampf gegen häusliche Gewalt erweitert, wie die 24-Stunden-Helpline, in jedem Bundesland ein Gewaltschutz-Zentrum sowie 170 Mädchen- und Frauenberatungsstellen. Dafür steht im Familienressort ein Budgetvolumen von 4,7 Millionen Euro zur Verfügung. Und auch der Integrationsfonds wird zusätzlich zwei Millionen Euro dafür zur Verfügung stellen. Zur Hilfe vor Ort gibt es in jedem Bundesland Gewaltschutzzentren. Gewaltschutzzentren sind Opferschutzeinrichtungen, kostenlos und vertraulich. Ein Überblick von Gewaltschutzzentren findet man hier.
Ergebnisse der Studie
Bachmayer erörtert, dass 800 Personen befragt wurden. Darüber hinaus erhielt man Zugang zu sensiblen Informationen des Bundeskriminalamts. Es kam zu einem Anwachsen der Anzeigen, die zu einem Betretungsverbot geführt hat. Die Gewalt in Familien hat deutlich zugenommen.
Für OGM-Chef Wolfgang Bachmayer ergab die Umfrage ein eindeutiges Ergebnis: Die öffentliche (durch Medien geprägte) Meinung ergab, dass mehr als die Hälfte aller Befragten angaben, dass häusliche Gewalt während der Corona-Pandemie deutlich zugenommen habe. Gleichzeitig herrsche aber die (ebenso mediengeprägte) Ansicht, dass Kriminalität durch Raub, Diebstähle und Einbrüche deutlich abgenommen habe, sagte Bachmayer.
Reaktionen
„Die heute präsentierten Zahlen zu häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie sind nicht nur erschütternd, sie sind vor allem auch ein eindeutiger Handlungsauftrag für einen bundesweiten Ausbau des Gewaltschutzes“, meint Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen. Daher sei laut Disoski nun Finanzminister Blümel gefragt, der „die dafür notwendigen Mittel“ zu gewährleisten hat.