Knalleffekt: Der langjährige ÖVP-Politiker Othmar Karas wird bei der Nationalratswahl Ende September nicht mit einer eigenen Liste antreten. Das stellte der scheidende Vizepräsident des Europaparlaments am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ klar.
Widerstand gegen ÖVP-Linie
Karas hat sich oft gegen die Parteilinie der ÖVP gestellt und wurde nicht mehr für die EU-Wahl aufgestellt. Gerüchte über ein eigenes politisches Projekt gab es schon länger. Karas bestätigte, dass er über eine eigene Liste nachgedacht habe. Er mache nur Dinge, „die einen Sinn machen“ und eine „Gestaltungsmöglichkeit“ bieten. Diese Möglichkeit sei derzeit nicht ausreichend vorhanden, daher werde er und sein Team nicht antreten. Ein Antreten hätte die Parteienlandschaft weiter zersplittert und die Regierungsbildung erschwert, meinte Karas.
Das ÖVP-Urgestein zeigte jedoch Interesse an einem EU-Kommissarsposten und lässt eine Kandidatur bei der nächsten Bundespräsidentenwahl offen.
Kritik an Parteilinie
Der langjährige EU-Abgeordnete hat immer wieder öffentlich Kritik an der Bundespartei geübt. Er bemängelte die Rolle der Volkspartei in Europa sowie deren Standpunkt zu Asyl und Migration. Auch kritisierte er Scheindebatten wie die von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) angestoßene Diskussion, das Recht auf Bargeld in der Verfassung zu verankern. Diese Kritik hat ihm innerhalb der Partei nicht nur Freunde gemacht.
EU-Kommissar als Option?
Karas zeigte sich interessiert am Posten des EU-Kommissars. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger schlug ihn vor und er erhielt Unterstützung von Grünen und SPÖ-Politikern. Karas betonte, er stehe mit seiner Erfahrung zur Verfügung. Eine Entscheidung über die Besetzung hängt jedoch von den Parteien und einem Regierungsbeschluss ab. Finanzminister Magnus Brunner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler gelten ebenfalls als Kandidaten. Ein Kompromissvorschlag brachte Henrietta Egerth ins Spiel.