Ein exklusiver Fragenkatalog, geheime E-Mails, ein pathetisches Rundschreiben und mittendrin: die Großloge von Österreich. Was sich wie ein Politthriller liest, ist Realität. Fass ohne Boden (FoB) hat Zugang zu interner Kommunikation der Freimaurer in Österreich erhalten, in der es um weit mehr geht als brüderliche Rituale. Es geht um Einfluss. Um Deckung. Und um ein Netzwerk, das sich der öffentlichen Kontrolle entzieht.
Mit einem 21-Punkte-Fragenkatalog konfrontierte FoB den Großmeister der Freimaurer, Georg Semler. Die Antwort: eine knappe E-Mail mit folgender Formulierung:
„Eine Bekannt- oder Weitergabe von Mitgliedsdaten ist uns schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Darüber hinaus werden allfällige Ihrerseits konstruierte Unterstellungen zurückgewiesen.“
Doch aus internen Dokumenten, die FoB exklusiv vorliegen, ergibt sich ein anderes Bild. Eine Reihe unbequemer Fragen sind aufgekommen, denen sich die Freimaurer in Österreich stellen müssen.
Politische Namen brüderlich vereint?
In einer internen Logenkommunikation, die FoB zugespielt wurde, tauchen gleich mehrere prominente Namen auf: Helmut Brandstätter und Sepp Schellhorn (beide NEOS).
Brisant: Ein aktiver NEOS-Funktionär schreibt, er engagiere sich „mit den NEOS für ein Miteinander“ und verweist offen auf seine Logenkontakte. Wird freimaurerische Vernetzung hier parteipolitisch genutzt? Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot der Freimaurerei? Auch hierzu: keine Antwort.
Doch das ist nicht einmal die Spitze des brüderlichen Netzwerks. Laut übereinstimmenden Recherchen sollen auch mehrere hochrangige Funktionäre der Wiener Stadtpolitik organisiert sein: Peter Hanke (Verkehrsminister und ehemaliger Finanzstadtrat in Wien, SPÖ), Peter Hacker (Sozialstadtrat, SPÖ), Josef Taucher (SPÖ-Klubchef im Wien Gemeinderat), Christian Meidlinger (zweiter Landtagspräsident in Wien, SPÖ) und Christian Deutsch (Landtagsabgeordneter und Leiter des Fachbereichs “Strategie und Projekte” im Kabinett von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, SPÖ).
Auch Karl Mahrer, ÖVP-Chef in Wien, gilt als Logenbruder, ebenso wie Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien und ÖVP Wien. Beide tauschten im Zuge des Wiener Wahlkampfs öffentlich ihre Positionen aus – hinter den Kulissen jedoch eint sie offenbar die Zugehörigkeit zur selben Loge.
Historisch belegt ist zudem die Mitgliedschaft von Franz Jonas, ehemaliger Bundespräsident (SPÖ), und mutmaßlich auch von Christian Broda, ehemaliger Justizminister. Eine Bestätigung der aktuellen Namen? Fehlanzeige. Die Loge beruft sich auf Datenschutz und schweigt.
Christian Deutsch: Der „Logen-Kontakt“ im Rathaus?
Im Zentrum der politischen Koordinationsstelle rund um den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig steht Christian Deutsch Landtagsabgeordneter und Leiter des Fachbereichs „Strategie und Projekte“ im Kabinett des Bürgermeisters (beide SPÖ Wien). Während Ludwig offiziell kein aktives Logenmitglied mehr sein soll, berichten drei voneinander unabhängige Insider der österreichischen Freimaurer, dass es für freimaurerische Anliegen im Rathaus einen fixen Ansprechpartner gebe: Christian Deutsch.
In internen Gesprächen wird Deutsch als „vermittelnde Schnittstelle“ beschrieben, der „Brüdern“ als Verbindungsmann zur Verfügung steht. Die Fragen, ob Deutsch Anliegen stellvertretend an Ludwig weiterleitet und ob es in dieser Konstruktion Berührungspunkte mit Logenstrukturen gibt, wurden von der Großloge bislang nicht beantwortet.
Fest steht: Deutsch war nicht nur Landesparteisekretär der SPÖ Wien, sondern agiert heute aus dem Zentrum der politischen Macht Wiens. Eine Rolle, die in Freimaurerkreisen offenbar als strategisch relevant gilt, auch wenn niemand offiziell darüber sprechen möchte.
Deckung und Disziplin: Die E-Mail vom 10. März 2025
Ein internes Rundschreiben vom Großsekretär der Loge, versendet am 10. März 2025, spricht eine klare Sprache. Der Inhalt offenbart eine Organisation, die jede Form von Transparenz konsequent unterbindet:
„Telefonische Auskünfte über Mitgliedschaften dürfen keinesfalls erteilt werden. Dies ist nur persönlich oder über eine gedeckte Mail möglich. Auskünfte über Tätigkeitsbereiche (‚Haben wir wen bei der Firma…‘) sind nicht möglich.
Die Weitergabe von Kontaktdaten (Mailadresse, Telefonnummer) ist generell untersagt. Eine Kontaktaufnahme ist nur über den MvSt (Anm. der Redaktion: Meister von Stuhl) der jeweiligen Loge möglich.“
Unterzeichnet wurde das Schreiben vom Großsekretär der Großloge von Österreich. Die Botschaft: Schweigen ist Pflicht, auch intern. Doch wie passt das zum Ideal des offenen Dialogs zusammen?
Semlers Manifest: eine Reaktion auf Fass ohne Boden?
Nach unseren ersten Berichten wurde ein zweites internes Schreiben an alle Brüder ausgesendet. Dieses Schreiben ist vom Großmeister Semler persönlich. Der dramatische Tonfall lässt aufhorchen:
„Mächtige Kräfte verbreiten Drohungen und Angst. Sie beanspruchen die Wahrheit für sich und zerstören die Werte der Aufklärung. Es soll wieder das Recht des Stärkeren gelten – nach dem Motto: ‚Die Starken tun, was sie wollen, und die Schwachen erleiden, was sie erleiden müssen.‘ Wenn wir nicht entschlossen dagegenstehen, riskieren wir eine Welt, in der Zivilcourage, Freiheit und Brüderlichkeit dem Zynismus roher Macht geopfert werden.“
Semler ruft zur Selbstbesinnung und zur Verteidigung auf. Doch anstatt des Diskurses mit der Gesellschaft zu suchen, richtet er seine Worte ausschließlich an die Brüder innerhalb der Organisation:
„Unsere Logen bieten geschützte Räume für diesen Dialog, frei von politischen und religiösen Grenzen. […] Achten wir auf die Deckung. Erst sie ermöglicht es Brüdern mit verschiedenen beruflichen, politischen und konfessionellen Hintergründen, frei zusammenzukommen und sich auszutauschen – ohne Furcht vor Indiskretion, Achtung oder Repression.“
Widerspruch zur Aufklärung? Die innere Logik der Loge scheint klar:
- Dialog – ja, aber nur im Schutzraum.
- Kritik – vielleicht, aber nur intern.
- Öffentlichkeit – nein, danke.
Doch ist das noch vereinbar mit demokratischer Kultur? Oder lebt die Loge von doppelten Standards, etwa wenn politisch vernetzte Brüder über mehr Spielräume verfügen als einfache Mitglieder?
Auf die Frage, ob parteipolitische Lagerbildung innerhalb der Loge stattfinde, schweigt die Großloge ebenso wie zur expliziten Erwähnung von „Freunderlwirtschaft à la Basti Kurz“ in interner Kommunikation.
Der Schatten der Macht
Semler schreibt: „Die Aufklärung hat nicht nur Licht ins Dunkel gebracht, sondern auch das Dunkel selbst – die Schattenseiten des Menschen – sichtbar gemacht. […] Nur wer die eigenen Schatten erkennt, kann Fortschritt erreichen.“
Doch welche Schatten sind damit gemeint? Die potenzielle Einflussnahme auf politische Prozesse? Die Rolle von Brüdern in Justiz und Medien? Oder die systematische Vermeidung jeder öffentlichen Kontrolle?
Unser FoB-Fragenkatalog enthielt auch eine direkte Anfrage zur Rolle von Christian Deutsch, SPÖ-Landesparteisekretär in Wien – und möglichem Verbindungsglied zwischen Loge und Stadtpolitik. Auch hier: keine Antwort. Kein Dementi. Kein Kommentar.
Ein Apparat der Macht ohne Rechenschaftspflicht
Die Freimaurerei in Österreich präsentiert sich gerne als moralische Instanz. Als Verteidiger von Brüderlichkeit, Humanität und Vernunft. Doch wer sich auf diese Werte beruft, muss auch bereit sein, sich kritischen Fragen zu stellen – nicht nur hinter verschlossenen Türen.
Wenn Deckung wichtiger ist als Transparenz, wenn „geschützte Räume“ politisch wirksam werden, dann stellt sich die Frage: Dient die Loge noch der Gesellschaft – oder nur sich selbst?
Fazit: Aufklärung unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Der Kontrast zwischen Pathos und Praxis könnte kaum größer sein. Während Semler in seinem Manifest erklärt:
„Lasst uns eine starke Kette bilden. Mehr denn je gilt unser Gelöbnis, dass wir, wie hier, durch das Wort im Leben durch die Tat Brüderlichkeit und Menschlichkeit walten lassen. Sei sich jeder dieser Pflicht bewusst.“
… bleibt der offene Dialog mit der Gesellschaft aus.
Was bleibt, ist eine Organisation, die sich abschottet, ihre Macht nicht reflektiert und die auf berechtigte Fragen mit Schweigen reagiert.
Anhang 1: Mitteilung der GLvÖ
„Betreff: Mitteilung der GLvÖ
Ehrw\ Br\ MvSt,
Lieber Br\ Sekretär,
um innerhalb der Kette auch weiterhin eine Kommunikation zu gewährleisten, die den Erfordernissen von Datenschutz und Deckung entspricht, rufe ich folgende Regelung in Erinnerung:
Telefonische Auskünfte über Mitgliedschaften dürfen keinesfalls erteilt werden. Dies ist nur persönlich oder über eine gedeckte Mail möglich. Auskünfte über Tätigkeitsbereiche („Haben wir wen bei der Firma…) sind nicht möglich.
Die Weitergabe von Kontaktdaten (Mailadresse, Telefonnummer) ist generell untersagt. Eine Kontaktaufnahme ist nur über den MvSt der jeweiligen Loge möglich.
Ich ersuche Dich, die Brüder Deiner Loge davon zu informieren.
Mit brdl\ Grüßen
Anhang 2: Schreiben des GM
„Gel.‘. Br
Wir alle sind Zeitzeugen aufwühlender Ereignisse. Mächtige Kräfte verbreiten Drohungen und Angst. Sie beanspruchen die Wahrheit für sich und zerstören die Werte der Aufklärung. Es soll wieder das Recht des Stärkeren gelten – nach dem Motto: „Die Starken tun, was sie wollen, und die Schwachen erleiden, was sie erleiden müssen.“ Wenn wir nicht entschlossen dagegenstehen, riskieren wir eine Welt, in der Zivilcourage, Freiheit und Brüderlichkeit dem Zynismus roher Macht geopfert werden.
Wir Freimaurer wissen: Die Aufklärung hat nicht nur Licht ins Dunkel gebracht, sondern auch das Dunkel selbst – die Schattenseiten des Menschen – sichtbar gemacht. Das „Erkenne-dich-selbst“ bedeutet auch, die eigenen Schatten wahrzunehmen. Nur so ist echter Fortschritt möglich. Die Aufklärung hat uns auch gelehrt, dass Wahrheit nicht von oben verordnet, sondern im Dialog gefunden wird. Unsere Logen bieten geschützte Räume für diesen Dialog, frei von politischen und religiösen Grenzen. Wir arbeiten an uns, um uns zu stärken und für einen klaren Blick auf die Realität.
Unser Auftrag ist klar:
Wir verteidigen den offenen Diskurs gegen jene, die ihn durch Hetze, Zynismus und Manipulation zerstören wollen.
Wir stehen für Zivilcourage und lehnen jede Form der Demütigung ab – der einzige Moment, in dem ein Freimaurer „herabblickt“, ist, wenn er einem anderen, der am Boden liegt, die Hand reicht.
Wir wissen, dass Freiheit nie selbstverständlich ist – sie muss stets aufs Neue verteidigt werden. Mit Entschiedenheit weist die Bruderschaft von sich, was die Menschen trennen, was sie mit feindlichen Gefühlen gegeneinander erfüllen könnte: religiöse Unduldsamkeit, politische Zwietracht, rassische Vorurteile, sozialen Hader und nationalen Hass.
Unsere 300-jährige Tradition wurde oft herausgefordert. Auch heute stehen wir wieder an einem Wendepunkt. Lasst uns gemeinsam für das einstehen, was uns verbindet: Brüderlichkeit, Aufklärung und die Arbeit an uns selbst – denn nur so bleibt unsere Gesellschaft offen und frei. Achten wir auf die Deckung. Erst sie ermöglicht es Brüdern mit verschiedenen beruflichen, politischen und konfessionellen Hintergründen, frei zusammenzukommen und sich auszutauschen – ohne Furcht vor Indiskretion, Achtung oder Repression.
Lasst uns eine starke Kette bilden. Mehr denn je gilt unser Gelöbnis, dass wir, wie hier, durch das Wort im Leben durch die Tat Brüderlichkeit und Menschlichkeit walten lassen. Sei sich jeder dieser Pflicht bewusst.
Grüßen Trvb
Semler, GM“
Selten so einen Unsinn gelesen!
Jeder Verein, jeder Golf-Club, jede Autofahrer-Organisation wird Sie auslachen, wenn Sie in deren Mitgliederverzeichnisse Einblick nehmen wollen. Genauso falsch wie der „historisch belegte“ Freimaurerbruder Franz Jonas oder der „mutmaßliche“ Christian Broda sind auch die meisten anderen „Verdächtigen“. Bei Jonas hätte ein Blick in das Buch „Mitglieder der österreichischen Freimaurer-Logen 1945 – 1985″ genügt, aber haltlose Verdächtigungen bringen vermutlich mehr Klicks als ernsthaft recherchierte Fakten.
Von welchem Neutralitätsgebot der Freimaurer“ phantasieren Sie? Freimaurer sind nicht neutral, schon gar nicht gegenüber Hetze, Lügen, Ungerechtigkeit, Intoleranz, Rassismus oder Unmenschlichkeit.
Mit fortschreitenden Fähigkeiten der KI wird jedem vernunftbegabten Menschen einleuchten, dass Auskünfte über Mitglieder nicht am Telefon erteilt werden können – das hat nichts mit „Schweigen ist Pflicht“ zu tun, sondern mit Vernunft und Verstand.
Einen offenen Dialog kann jeder Freimaurer nach eigenem Gutdünken führen. Empfehlenswert scheint mir das nicht in allen Fällen zu sein solange die Katholische Kirche, manche politische Parteien und andere skurrile Organisationen den Freimaurern gegenüber grundlos feindlich gesinnt sind. Die größten Feinde der Freimaurer sind üblicherweise diejenigen, wie wegen fehlender ethischer und moralischer Eignung gar nicht erst aufgenommen wurden.
Übrigens ist die Großloge von Österreich nur den österreichischen Logen und deren Mitgliedern verpflichtet – und sonst niemandem, auch nicht einem Herrn Surowiec.
ENDLICH jemand der sich der sache animmt. rechtsanwälte, notare,ärzte alle im club. gern auch mit pedoschützenden interessen – teichtmeister uva. es wird zeit das gesindel ans licht zu holen.