KAV IT-Kosten – Ein Fass ohne Boden?
Die Negativschlagzeilen über den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) kein Ende: Kostenexplosion beim Krankenhaus Nord, Entlassung des überbezahlten KAV-Boss, Rücktritt der Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) und das Gangbetten-Chaos seien genannt. Das Drama KAV setzt sich fort: Die IT-Kosten werden in den kommenden fünf Jahren 313 Millionen Euro betragen.
KAV-Kostenexplosion: „Wer hat so viel Pinke Pinke?“
Für den KAV steht nicht nur eine organisatorische Neuaufstellung, sondern ein harter Sparkurs bevor. „Nachhaltige Kostenreduktion“ sei gefragt. Insbesondere leidet schon jetzt der laufende Betrieb, Geld ist Mangelware. Man denke nur an den Sparplan vom Lorenz-Böhler-Spital (AUVA), wo dies zum Alltag zählt*. Dort wurde der Schockraum-Betrieb am Wochenende eingestellt. Scheinbar fehlt es in jeder Abteilung an Geld.
Alle müssen sparen, nur die IT-Abteilung beim KAV nicht
Das Einsparungspotential dürfte aber für die IT-Abteilung des KAV und das Allgemeinen Krankenhauses (AKH) nicht gelten. Dies belegt das interne IKT-Betriebskonzept, welches Fass ohne Boden zugespielt wurde: [sociallocker]
KAV – 313 Millionen für fünf Jahre IT
2017 belaufen sich die Jahreskosten laut dem IKT Betriebskonzept in der Höhe von 55 Millionen Euro, im kommenden Jahr kommen zwei weitere Millionen hinzu. Für das Jahr 2022 sind sogar 68 Millionen Euro vorgesehen. Die IT Kosten wachsen pro Jahr um zwei bis drei Millionen Euro.
Zahl der Vollzeitstellen bleibt fünf Jahre konstant
Für heuer wird ein „FTE Interne KAV“ (englische Abkürzung für „Full Time Equivalent“ = Vollzeitäquivalent) von 84 angegeben. Das Vollzeitäquivalent bedeutet, dass sich 84 Vollzeitstellen rechnerisch bei einer gemischten Personalbelegung ergeben.
Der „FTE Externe KAV“, sprich das externe Personal vom KAV, kommt auf 54 Vollzeitstellen. Das Personal beim AKH ist in Relation zum KAV kleiner ausgestattet, sprich 34 Vollzeitstellen werden für das interne Personal und 29 Vollzeitstellen für externe Mitarbeiter kalkuliert.
In Summe müssen KAV und AKH mit 203 Vollzeitäquivalenten im IKT Bereich auskommen. Obwohl die Kosten für das Personal, als auch für die Software jährlich steigen, bleibt die Zahl der Mitarbeiter die nächsten fünf Jahre gleich groß. Von Seiten des KAV Wien wollte man die Tabelle nicht kommentieren. So heißt es von der Presseabteilung des KAV in einer knappen Stellungnahme:
“Wir bitten Sie um Verständnis, dass Ihnen der KAV aus betriebswirtschaftlichen Gründen keine detaillierten Personal- und ITK-Ausgaben bekannt geben kann.” (KAV)
Kritik von der Wiener Opposition
Die Wiener Oppositionsparteien wurden mit dem Dokument konfrontiert. FPÖ-Klubobmann Dominik Nepp spricht von einem Skandal:
„Die Geldverschwendung im KAV erreicht ein neues Level. Über 300 Millionen Euro allein an IT-Kosten sind ein absoluter Wahnsinn, bedenkt man, dass es kein Geld für dringend notwendige Personalaufstockung gibt, um OP- und Ambulanzwartezeiten deutlich zu verkürzen oder Stationen nicht zusperren zu müssen. Die Gesundheitsstadträtin Frauenberger agiert nicht weniger verantwortungslos als ihre Vorgängerin und versenkt im Gesundheitswesen dringend benötigtes Geld in Managerzahlungen, Beraterhonorare und nun offenbar auch in einen aufgeblasenen IT-Apparat. Das ist ein Skandal der besonderen Güte!” (Dominik Nepp)
Gernot Blümel, Landesparteiobmann der Wiener ÖVP, zeigt sich ebenfalls empört:
„Diese horrenden Kosten sind ein weiteres Beispiel wie sorglos im Wiener Gesundheitssystem das Steuergeld der Wienerinnen und Wiener verschleudert wird. Es ist allerhöchste Zeit für unternehmerisches Denken, Professionalität und Effizienz. Das gesamte Wiener Gesundheitssystem und insbesondere der Wiener Krankenanstaltenverbund müssen neu aufgestellt werden. Das Milliardengrab Krankenhaus Nord ist das sichtbarste Symbol der Unprofessionalität und Misswirtschaft. Und dort kommen noch unglaubliche Kostensteigerungen und Verzögerungen auf uns zu. 1,5 Milliarden Euro und kein Ende in Sicht. Das Wiener Gesundheitssystem ist zum rot-grünen Budgetloch geworden und gleichzeitig müssen wir unwürdige Situationen wie Gangbetten und stundelange Wartezeiten in Ambulanzen erleben. Das ist untragbar.” (Gernot Blümel)
Weitere Kostenfalle: Krankenhaus Nord
Ob KAV IT-Kosten oder Krankenhaus Nord: Geld spielt keine Rolle. Der Rechnungshof dokumentierte im vergangenen Monat eindrucksvoll die Missstände vom Spital, das alle Stückeln spielt: 1 Mrd. EUR an Beschaffungsvolumen, ohne einer zentralen Erfassung – 48,23 Mio. EUR für externe Beratungsleistungen in drei Jahren, ohne Kosten-Nutzen-Analysen – Viel zu hoher Lohn für den damaligen Generaldirektor (siehe auch: KAV: Vernichtender Schlussbericht des Rechnungshofs).
Wer trägt die Verantwortung?
Eine politische Verantwortliche bzw. einen politischen Verantwortlichen sucht man vergeblich. Sonja Wehsely (SPÖ), zuvor Wiener Sozialstadträtin, hat im heurigen Jahr die Politik verlassen und bei Siemens Healthcare GmbH angeheuert. Wie viele der ausgelagerten IT-Kräfte des KAV von der Firma Siemens ausmachen, wollte man auch nicht beantworten.
Die jetzige Stadträtin für Soziales, Gesundheit und Frauen, Sandra Frauenberger, stand für eine Stellungnahme ebenfalls nicht zur Verfügung. Da die Redaktion mit dem KAV im Kontakt stehe, werden die Fragen vom KAV beantwortet. Die Presseabteilung des KAV wiederum sei aber mit Arbeit eingedeckt und versuche in der kommenden Woche, die Anfrage von Fass ohne Boden zu beantworten.
P.S. Wir bedanken uns bei Richard Schmitt und der Kronen Zeitung für die Zusammenarbeit. [/sociallocker]
Nachtrag: Zur deutlicheren Trennung von KAV und AUVA wurde ein Halbsatz hinzugefügt.