Gestern, am 23. Jänner 2020, fand das erste DAÖ-Neujahrestreffen mit dem Gastredner Heinz-Christian Strache statt. Die Allianz für Österreich lud zu ihrer Kick-Off Veranstaltung ein. Aus Sicht der Veranstalter war der Event ein Erfolg. Die Sofiensäle waren sehr gut gefüllt, 1.040 Anmeldungen laut DAÖ-Pressesprecher sprechen für sich. Das Medieninteresse für die Ibiza-Abrechnung von Strache war gewaltig.
Der “Strache-Effekt”
Unter tosendem Applaus wurden der Ex-Vizekanzler gestern von seinen Anhängern begrüßt. Anhänger ist wohl untertrieben, man müsste eigentlich “Strache-Fanclub” sagen. Fünf Minuten benötige der ehemalige blaue Parteichef, in Begleitung der DAÖ-Landtagsabgeordneten, um zur Bühne zu gelangen. “Strache genießt sichtlich das Bad in der Menge”, sagte eine Strache-Anhängern laut zu ihrer Nachbarin, die unmittelbar in meiner Nähe sich befand. Die Parolen “Strache, Strache, Strache” und “HC, HC, HC” erinnerten viel mehr an ein Fußballspiel, als an eine politische Veranstaltungen.
Das Medieninteresse war in der Tat enorm. Zwei Reihen mit mehr als 40 Sitzplätzen waren alleine für Journalisten reserviert. Darüber hinaus gab es zwei Bühnen, die für die Kamerateams zur Verfügung stellt wurden. Und auch die waren voll. Die vierte Gewalt hat dieses Comeback erst möglich gemacht.
“Die drei Musketiere”: Baron, Kops und Handler
Im Laufe des Abends erhielten die drei ehemaligen FPÖ-Abgeordneten den Aliasnamen “die drei Musketiere”, denen man laut Strache “großen Respekt für die Haltung” zollen müsste. So gesehen, um die Wortwahl aufzugreifen, wäre Heinz-Christian Strache wohl D’Artagnan. Nicht verwunderlich: Die langjährigen Wegbegleiter von Strache machten die gestrige Veranstaltung überhaupt möglich.
Die sogenannten “Überläufer” der FPÖ Wien, namentlich die Landtagsabgeordneten Karl Baron, Dietrich Kops und Klaus Handler, setzten gestern ihren Startschuss für ihre neue Bewegung. Baron und Handler zählten bei der FPÖ Wien zum Wirtschaftslager der Blauen, also zu den gemäßigten Wiener FPÖ-Abgeordneten. Der DAÖ-Klubobmann ließ gleich zu Beginn seiner Rede aufhorchen: “Hier und heute wird Geschichte geschrieben.” Die Rede erinnerte an einen Wolf im Schafspelz.
DAÖ-Baron: “In manchen Bezirken sieht es aus wie in Saudi-Arabien”
Der Grund, warum Baron eine neue Liste auf die Beine stellen musste, hat er in seinem politischen Referat erörtert. Dies lässt sich in drei Themenblöcke zusammenfassen: FPÖ habe keine Sachthemen, der Grüne Einfluss in der Regierung und das “Strache-Bashing”.
Zum einen fehlte es laut Baron an konkreten Sachthemen bei der FPÖ Wien, die besonders wichtig sind, beispielsweise “leistbare Wohnungen.” Aber auch Klassiker wie “Moscheen machen Angst” oder “In manchen Bezirken sieht es aus wie in Saudi-Arabien” hörte das Publikum wohlwollend.
Ein weiterer Punkt ist laut Baron der aktuelle Einfluss der Grünen in der Tagespolitik. Der DAÖ-Klubobmann sprach dezidiert die Positionen der Justizministerin an. Er kritisierte auch die Debatte von Kogler im Bezug auf Kopftücher in Klassenzimmern. Der absolute Supergau war aber die Debatte “Wahlrecht für Ausländer”. Baron hierzu trocken: “Mit uns sicher nicht.” Und das Publikum dankte mit energischem Beifall.
Der dritte Punkt sei jedoch ihm am wichtigsten: “Wir verraten unsere Familie nicht.” Die Möglichkeit, seine Meinung öffentlich zu äußern war bei der FPÖ Wien nicht mehr möglich. Daher habe er auch die Handbremse ziehen müssen. Das Bashing gegen Strache sei nicht mehr tragbar gewesen. Die Strache-Fanclub dankte Baron erneut mit einem enormen Beifall.
251 Tage nach dem Rücktritt das Comeback
Strache Rede ähnelt einer Abrechnung und einer Rückschau der vergangenen vierzehn Jahre. So verweiste er auf seine politische Erfolge, beispielsweise, dass der “UN-Migrationspakt” nicht unterschrieben wurde. Aber auch der Ausbau Polizei mit neuen Planstellen schrieb sich Strache auf sein Konto gut. Ebenfalls den Ausbau des Grenzschutzes und auch die Positionierung “Gegen das Rauchverbot”. Besonders die Nichtraucher-Debatte in der Gastronomie wurde von seinen Anhängern mit tobenden Applaus honoriert.
Strache: “Und dann kam Ibiza”
“Es tut mir weh und zu tiefst leid.” Im Wording, sei es durch Handler, Banron oder Strache selbst, wurde Ibiza als eine “bsoffene Geschicht” dargestellt. “Das blöde Gerede” in einem privaten Umfeld entstanden. Man solle selbst sich an solche Abende mit Bekannten erinnern, nur sei der Unterschied bei Strache, dass diese sieben Stunden aufgenommen worden sind.
Über die Beweggründe für seinen Rücktritt äußerte sich Strache sehr konkret: “Ich wollte die Regierung retten. Aus Verantwortung bin ich zurückgetreten.” Doch es sollte anders kommen. Bei diesen Ausführungen spielte Strache den Ball Richtung ÖVP und betonte, dass aufgrund eines Streits um die Besetzung des Innenministers die Fortsetzung der Regierung gescheitert ist. Zur Erinnerung: Im Mai 2019 war gerade die heiße Phase im BVT-Untersuchungsausschuss, Herbert Kickl war Innenminister und es gab bereits die ersten heißen Spuren im Innenministerium mit einem bitteren Beigeschmack.
“Was ist die FPÖ ohne Heinz-Christian Strache? FPÖ ist nur ein Name!” So rechnete Strache mit seinen alten Parteikollegen ab. Norbert Hofer, Manfred Haimbuchner und Kickl selbst bekamen ihre verbale Ohrfeige von Strache. So kritisierte er den Kurs der FPÖ, da man nicht mehr nachvollziehen könne, wer eigentlich die Richtung innerhalb der Partei vorgibt.
Buttons: “Die beste Rache ist dein Kreuz bei HC Strache.”
Zwar war während seiner 50-minütige Rede Strache zurückhaltend, ob er ein im heurigen Jahr mit der DAÖ in Wien bei der Gemeinderatswahl antreten werde, jedoch betone er mehrmals “die Rückkehr am politischen Bankett” sei möglich. Strache möchte sich aber ein Comeback offen lassen: “Ein gemeinsames starkes Comeback ist möglich.”
Fazit und Analyse
Ein Antritt von Heinz-Christian Strache mit der DAÖ-“Bürgerallianz” wird die FPÖ Wien hart treffen. Im direkten Duell wird der jetzigen FPÖ Parteichef in Wien, Dominik Nepp, es schwer gegen Strache haben. Um Strache die Stirn zu bieten, müsste wohl Herbert Kickl selbst als Spitzenkandidat antreten. Doch dies gilt als unwahrscheinlich.
Die Blauen in Wien sind mittlerweile laut aktuellen Umfragen halbiert. Strache selbst meinte die FPÖ Wien sei schon unter 10 Prozent gesunden, doch dies dürfte übertrieben sein. Aber es ist nicht verwunderlich, dass bereits zwei Bezirksgruppen mit je drei Bezirksräten zum DAÖ Wien gewechselt haben.
Die SPÖ Wien braucht Strache nicht fürchten, da ein Sieg der Sozialdemokraten schon jetzt feststeht. Bei der jetzigen Entwicklung deutet alles auf Rot-Grün III hin. Bürgermeister Ludwig hat es im heurigen Wahl in der Tat sehr leicht.
Finanzminister Blümel, der als Spitzenkandidat für die Türkisen in Wien ins Rennen gehen wird, wird wohl neue Konzepte aus der Bundespolitik aufgreifen müssen, um nicht in der medialen Berichterstattung unter die Räder zu kommen. Er gilt aber als Alternative zu Rot-Grün.
Einzig und alleine könnten die Ermittlungen der Soko-Tape ein Comeback von Strache verhindern. Es ist aber fraglich, ob die Inhalte der Einvernahmen von seinem damaligen Sicherheitschef R. reichen werden, eine Anklage gegen Strache zu erheben. Auf konkrete Vorwürde werden wir in den kommenden Wochen genauer eingehen.
Aus aktuellen Recherchen ist der Redaktion mittlerweile bekannt, dass die Causa Kappel Strache nicht mehr in Bedrängnis bringen wird, eher wird sich die ehemalige Europaabgeordnete warm anziehen müssen. Aus dem direkten Umfeld des bulgarischen Geschäftsmanns ist dies in Hintergrundgesprächen bestätigt worden.
In der Causa Schellenbacher wird Strache ebenfalls sich nicht fürchten müssen. Ehemalige Protagonisten schweigen eisern, die aktuellen Ermittlungen stützen sich lediglich auf die Aussagen vom Sicherheitschef. Die Staatsanwaltschaft hatte schon einmal das Verfahren eingestellt.
Der Untersuchungsausschuss in der Causa Casino könnte für Strache zwar unangenehm werden, jedoch muss Strache definitiv nicht eine Anklage fürchten. Hätte es “heiße Spuren” gegeben, wären diese bereits im Stadtmagazin Falter veröffentlicht worden.
Eines muss man sich vor Augen führen. Die Masse der gestrigen Teilnehmer, sprich die Strache-Fanbase, der sind die Ermittlungen vollkommen egal. In mehreren Gesprächen mit DAÖ-Sympathisanten äußerten sich diese, dass die Ermittlungen politisch motiviert sind oder gar ein Racheakt an Strache selbst sei.