Glyphosathaltige Produkte gelten als Totalherbizid. Das prominenteste dieser Cocktails, meist aus Isopropylaminsalz von Glyphosat und Pelargonsäure, heißt Roundup und kommt aus dem Hause Monsanto. Dieses Paket kann alles und wird auch so eingesetzt. Nein, nicht nur vom Felder beackernden Landwirt oder dem suburbanen oder innerstädtischen Schrebergärtner, auch von besorgten Politikern. Vom Landwirt könnte man Besorgnis annehmen, beim Kleingärtner vermuten. Beim Volksvertreter wäre Skepsis durchaus angebracht. Die universelle Einsetzbarkeit von Glyphosat ist längst auf der politischen Bühne angekommen. Doch – eine endliche Geschichte.
Glyphosat in Kärnten und Oberösterreich
Das aktuell lauteste aller Bundesländer ist Kärnten. Es gehört mit Vorarlberg und Wien zu den “roten” Bundesländern. Doch halt, auch die ÖVP steht hinter einem generellen Verbot für ganz Kärnten. Die FPÖ vermutet hinter dem spontanen Sinneswandel einiger Landespolitiker die bevorstehenden Landtagswahlen im Frühjahr 2018.
Und Greenpeace setzt noch nach und fordert, was beide Parteien ohnehin fordern: Ein Glyphosatverbot für das ganze Bundesland. “Darum streben wir weiterhin konsequent ein dreijähriges Verbot des Unkrautvernichtungsmittels an.” zeigen sich SPÖ-Landesparteivorsitzender Landeshauptmann Peter Kaiser und SPÖ-Klubobmann Herwig Seiser erfreut über die Zustimmung der anderen Parteien. Mit dem Beschluss vom 7. Dezember wurde das Verbot in Gang gesetzt. Warum nur drei Jahre bleibt offen. Vorerst. VP-Klubomann Ferdinand Hueter beteuerte in einer Aussendung Anfang Dezember, dass die Kärntner Landwirte gar nicht die Hauptverwender von Glyphosat sind: “Von der Gesamtmenge Glyphosat in Kärnten kommen lediglich 15 Prozent in der Land- und Fortwirtschaft zur Anwendung.” Hueter vermutet, dass “die Verwendung ohne Kontrolle und zu allen Jahreszeiten entlang von Schienen und Straßen, in privaten Gärten und öffentlichen Parkanlagen erfolgt”, und fordert nach dem Vorbild Oberösterreich einen Sachkundenachweis: “In Oberösterreich dürfen Private Glyphosat nur kaufen, wenn sie einen Sachkundenachweis haben. Das heißt, sie müssen für die Verwendung einen Kurs machen, so wie das auch in der Landwirtschaft bereits üblich ist.” Und trotzdem. Verbieten. Landesweit.
Einsatz von Glyphosat bei Schienen und Strassen
Auf Anfrage von Fass ohne Boden erklärte die ÖBB durchaus verständlich, aus “Sicherheitsgründen Bewuchs von den Gleisanlagen fernhalten zu müssen.” 2017 haben die ÖBB 5,5 Tonnen Glyphosat verwendet, das sind unter zwei Prozent der Gesamtmenge in Österreich – Tendenz weiter sinkend:
“Wir verwenden das Mittel punktuell auf unseren Bahngleisen, um einen sicheren Bahnbetrieb zu gewährleisten. Seit 2005 konnten so etwa 75 Prozent der ursprünglich eingesetzten Menge Herbizid eingespart werden.”, so die ÖBB.
Die ASFINAG wiederum verzichtet seit 2015 gänzlich auf den Einsatz von Glyphosat oder ähnlicher Pestizide: “Die Alternative ist, Unkraut und Bewuchs manuell, das bedeutet aufwändiger, durch den Streckendienst zu entfernen.” Diese Freiwilligkeit, auf Glyphosat zu verzichten, lobte in seinem Segment Landwirtschaft, FPÖ-EU-Abgeordneter Georg Mayer: „Diesem mutigen und richtigen Schritt vor allem für unsere Konsumenten muss sich auch die Politik anschließen”, sagte Mayer in Zusammenhang mit der Ankündigung der zuliefernden Milchbauern von Schärdinger, Tirol Milch und den Stainzer Milchbauern, die das umstrittene Totalherbizid nicht mehr verwenden werden.
Greenpeace: “Stoppen wir Glyphosat”
Greenpeace startete im Frühjahr 2017 eine österreichweite Aktion, die bisher 539 der 2100 Gemeinden dazu bewegen konnten, in Zukunft auf den Einsatz von Glyphosat gänzlich zu verzichten. Mit einer Petition fordert Greenpeace ein Sofortverbot:
“Nutzung von Glyphosat im öffentlichen Raum und für private Zwecke, einen Plan für einen schrittweisen Ausstieg aus Glyphosat bis zum Totalverbot für alle Bereiche spätestens 2020 und Unterstützung für LandwirtInnen im Übergang zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ohne Herbizide.”
Da Wien, laut Greenpeace, erst teilweise auf Glyphosate verzichtet, forderte der Grünpolitiker Rüdiger Maresch das totale Verbot für die Bundeshauptstadt. Bundeskanzler Kern hingegen gleich für ganz Österreich, was er am 4. Dezember in einer Regierungsvorlage an die ÖVP übermittelte. Nur wenige Stunden später forderte die Junge Generation in der SPÖ, bezüglich der Regierungsvorlage, von Sebastian Kurz rasch zu handeln, denn “… alles andere wäre ein Kniefall vor den Großkonzernen.” Mehr Zeit für eine Entscheidung, nur wenige Tage später, forderte auch die SPÖ Niederösterreich die ÖVP auf Bundesebene auf, dieser Regierungsvorlage zuzustimmen: “… die Gesundheit der Menschen steht über den Interessen von Konzernen wie Monsanto!” Nein, eine inhaltliche Ähnlichkeit ist ebenso reiner Zufall, wie die Provenienz der Verfasser: Beide kommen aus Niederösterreich.
Die universelle Einsetzbarkeit von Glyphosat ist längst auf der politischen Bühne angekommen
Und verbreitet offenbar Hektik. Die gegenseitigen Forderung nehmen in ihrer Frequenz zu. Liegt es an den laufenden Koalitionsverhandlungen? An der alten Regierung? Oder schon an der neuen? An den Landtagswahlen in 2018?
Unberührt von den bevorstehenden politischen Ereignissen ist die IPG, Industrie Gruppe Pflanzenschutz, alles andere als angetan von den Aktivitäten von Greenpeace und titelt in einer Presseaussendung:
“Kampagne ist unehrlich, folgt unlauteren Motiven und Behauptungen sind fernab von der landwirtschaftlichen Realität.”
Mitstreiter auf dem NGO-Parkett Global 2000 brachte eine Anzeige gegen die EU-Behörden ein, die an der Zulassung von Glyphosphat beteiligt waren. Worauf die IGP wiederum harsch reagierte.
Glyphosat, AGES, Baumärkte und Nahversorger auf dem Land
Wie Fass ohne Boden bereits berichtete, ist nicht einmal das für Gesundheit zuständige Bundesministerium und deren eigene Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit einig, was denn nun an Glyphosat gut oder böse ist. Abgesehen von professionellen Anwendern, bleibt die ebenso unüberschaubar wie unberechenbare Menge an privaten Kleingärtnern und Hausbesitzern mit Garten, die für sich selbst die Entscheidung treffen müssen: Glyphosat gut, oder nicht gut. Diese Konsumentengruppe bleibt die Grauzone, welche die Umwelt vergiften – oder auch nicht.
Sie besteht aus Hobbygärtnern und Hausfrauen, die beispielsweise ihre betonbepflasterte Garageneinfahrt ungrün halten möchten und für Girsch zwischen ihren Paradeisern nur Verachtung haben. Diese Gruppe könnte (sic: könnte!) zu Roundup greifen und unbelehrt heiter drauf lossprühen. Ein bundesweites Verbot würde auch den Handel, Garten- und Baumärkte, betreffen. Doch hier ist der derzeitige Status, dass einige Baumärkte bereits jetzt schon glyphosathaltige Produkte, wie Roundup, aus den Regalen verbannt haben.
Bei Hornbach zum Beispiel sind schon seit März 2016 keine Pflanzenschutzmittel mit dem Herbizid Glyphosat erhältlich. ebenso Neonicotinoide und mit bienengefährdenden Wirkstoffen. Ebenso bei OBI oder im Bauhaus, auch nicht in Garten-Fachmärkten wie Bellaflora oder Dehner.
Die Raiffeisen Lagerhäuser (RWA) sind da ganz anderer Meinung und antworteten auf eine Anfrage von Fass ohne Boden: “Glyphosat ist ein essenzieller Wirkstoff für Resistenzmanagement, Unkrautbekämpfung und bodenschonende Anbaumethoden und wurde soeben auf europäischer Ebene für weitere fünf Jahre für die sachgemäße Anwendung zugelassen. Die EU-Behörden haben damit festgestellt, dass für Anwender und Konsumenten kein Risiko bestehe.”
Diese Beantwortung schloss RWA mit der Empfehlung, weitere Informationen bei der IGP einzuholen. Wo sonst? Na gut. Bleibt immer noch der Online-Markt. Und hier kann der Glyphosat-Fan mehr bestellen als Unkraut je seine Schrebergartenhütte überwuchern könnte. Auf Ebay gibt es sogar originales Monsanto Roundup zum Sonderpreis. Mit Warnhinweis auf polnisch, weil Re-Import.
Fazit
Aber was kann man erwarten um den Preis? Soll da noch jemand erklären wie man es richtig anwenden sollte?