Die SPÖ hat in den vergangenen 20 Jahren mehrfach Anträge zur Einrichtung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwalts eingebracht. Dies hat jedoch die ÖVP stets abgelehnt. „Vor genau einem Monat hat die ÖVP endlich eingelenkt und will der Forderung nach einem unabhängigen Bundesstaatsanwalt nachkommen. Diese Kehrtwende kam dennoch relativ überraschend. Weniger überraschend ist jetzt die Erkenntnis, dass sie es damit offensichtlich nicht ernst meint“, kritisiert der stellvertretende SPÖ-Klubchef und SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried am Montag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Im heutigen Verfassungsausschuss wurde ein Antrag zur Einrichtung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts eingebracht. Dieser wurde jedoch vertagt.
Fehlt Bundesregierung der Reformwille?
Im türkis-grünen Regierungsprogramm ist die Einrichtung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwalts nicht vorgesehen. Im Ministerrat vor knapp drei Wochen hat die Regierung ihren Plan zwar formal festgeschrieben, allerdings ohne konkrete Ausgestaltung und ohne Zeitplan. „Ich gehe davon aus, dass die Regierungsparteien nun bald für Gespräche auf alle Parlamentsfraktionen zukommen“, so Leichtfried.
Der SPÖ-Antrag sieht einen vom Parlament gewählten, unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt als Weisungsspitze gegenüber den Staatsanwaltschaften vor. Dieser soll auf eine Dauer von zwölf Jahren bestellt werden und nicht wiedergewählt werden können. „Die SPÖ will einen Bundesstaatsanwalt oder eine Bundesstaatsanwältin, der oder die nicht am Gängelband der Politik hängt. Die Justiz muss unbeeinflusst von der Politik arbeiten können“, betonte Yildirim, und weiter: „Die regelmäßigen Angriffe der ÖVP auf die Justiz zeigen, wie bedeutend diese Entkoppelung ist.“