Bundesministerium Finanzen
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Anm. d. Redaktion
Nachfolgend kannst du das jeweilige Kapitel des Untersuchungsberichts auswählen. Aus medienrechtlichen Erwägungen wurden Unternehmen aus dem Untersuchungsbericht anonymisiert.
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Studien und Inserate
Untersuchungsbericht der Internen Revision
Geschäftszahl: 2021-0.830.176
Wien, 15. Dezember 2021
Inhaltsverzeichnis
- Auftrag und Ablauf
- Untersuchungsmethoden
- Untersuchungsergebnisse
3.1. Rahmenbedingungen
3.2. Operative Tätigkeiten
3.3. Kontrollsysteme und Qualitätssicherung - Ergebnis
1. Auftrag und Ablauf
Der Herr Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA hat die Interne Revision am 8. Oktober 2021 mit der Durchführung einer Untersuchung beauftragt.
Der Auftrag umfasste folgende Aufgaben:
- Es war eine Untersuchung der Vorkommnisse in der Abteilung GS/KO im Zusammenhang mit der Vergabe von Studien und Inseraten einzuleiten.
- Konkret sollten im Zusammenhang mit den von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption erhobenen Tatvorwürfen gegen einen namentlich genannten Abteilungsleiter die damit verbundenen Abläufe im Bundesministerium für Finanzen untersucht werden.
- Dafür sollen alle Vergaben (Studien, Inserate, etc.) seit 2015, an welchen die Abteilung GS/KO sowie vor der Organisationsänderung die Abteilung 1/8 beteiligt war, auf ihre ordnungsgemäße Abwicklung hin untersucht werden.
- Über das Ergebnis ist dem Herrn Bundesminister und der Finanzprokuratur umgehend zu berichten
Die Untersuchung wurde am 11. Oktober 2021 begonnen und am 15. Dezember 2021 abgeschlossen. Sie wurde unter intensiver Einbindung des Leiters der Internen Revision von einem aus vier Personen bestehenden Prüfteam durchgeführt.
Die Tätigkeiten wurden unter Beachtung aller Corona-Regelungen durchgeführt. Umfang, Qualität und Dauer der Untersuchung wurden durch diese Vorgehensweise nicht beeinträchtigt
Anmerkung: Unter Abteilung GS/KO, Abteilung 1/8, Kommunikationsabteilung wird in diesem Bericht stets dieselbe Abteilung angesprochen.
2. Untersuchungsmethoden
Die Untersuchung fokussierte sich auf die „offizielle Welt“, d.h. auf den aus den Akten und den zusätzlich übermittelten Dokumenten erkennbaren Sachverhalt. Es wurden keine Interviews durchgeführt.
Aus dem Auftrag wurden folgende Untersuchungsschwerpunkte abgeleitet:
Frage 1: Wie klar sind die Rahmenbedingungen hinsichtlich Kommunikationsstrategie, Umsetzungsplan und Budget festgelegt, wie sind diese zu bewerten und wie konsequent werden sie umgesetzt? Wie klar sind die Verantwortlichkeiten in der Geschäfts- und Personaleinteilung festgelegt?
Frage 2: Welche Auffälligkeiten ergeben sich bezüglich der Beschaffungs-, Bestellungs-, Liefer- und Bezahlungsprozesskette sowie der Einbindung beziehungsweise Nichteinbindung von BMF-Fachabteilungen?
Frage 3: Wie gut funktionieren die Internen Kontrollsysteme und, sofern nicht in das IKS integriert, die Qualitätssicherungssysteme?
Bei dieser Untersuchung wendete die IR folgende Methoden an:
- Explorative Erhebung der Zusammenhänge und Wechselwirkungen (Recherchen im BMF-Portal, BMF-Homepage, parlamentarische Anfragen, öffentliche Medien)
- Datenerhebungsgespräche mit den zuständigen Applikationen und Abteilungen
- Studium und Analyse der internen Aufzeichnungen, nämlich der zur Verfügung gestellten Dokumente und Auswertungen, sowie der Ergebnisse der eigenen Recherchen im ELAK-System
- Verifizierungsgespräche mit den zuständigen Applikationen und Abteilungen
Die Interne Revision gelangte zu der Einschätzung, dass die übermittelten Daten im Wesentlichen vollständig sind. Der Mailverkehr, der im Zuge der Untersuchung übermittelt worden und nicht im ELAK integriert ist, konnte naturgemäß nicht auf Vollständigkeit überprüft werden. Eine weitere Ausnahme bilden Studienergebnisse.
Die Validität der geprüften Daten ist im Hinblick auf den nicht in ELAK abgelegten Mailverkehr eingeschränkt, weil zumeist Textkopien und nicht die Originale weitergeleitet worden sind.
Im elektronischen Akt können alle Bearbeitungsschritte chronologisch abgerufen werden. Ein inhaltlicher Versionsvergleich überarbeiteter Texte ist aber nicht möglich. Die IR hat bei ihren Einzelfall-Analysen die dokumentierte Chronologie der Bearbeitungsschritte berücksichtigt, um die Validität der ELAK-Daten zu prüfen.
3. Untersuchungsergebnisse
3.1. Rahmenbedingungen
Bezogen auf die Untersuchungsschwerpunkte hinsichtlich Kommunikationsstrategie, Umsetzungsplan und Budget (siehe Frage 1) ergibt sich folgendes Bild.
Die Aufgabe zur kontinuierlichen Weiterentwicklung eines Kommunikationskonzeptes zur proaktiven und bedarfsgerechten Zielgruppeninformation ist zumindest seit 15.10.2014 in der Geschäfts- und Personaleinteilung als Aufgabe der Kommunikationsabteilung festgelegt. Seit 01.12.2015 wurde diese Aufgabe zur „Vorgabe der Kommunikationsstrategie des Ressorts” erweitert. Eine Kommunikationsstrategie konnte nicht vorgelegt werden.
Als Aktionsplan können die für ein Jahr geplanten Kommunikationsmaßnahmen gesehen werden. Sie leiten sich aus strategischen Überlegungen ab und sind grundsätzlich durch ein Budget limitiert. Im BMF sind die Strategieprozesse zur Wirkungsorientierung in einem jährlich wiederkehrenden Ablauf klar vorgegeben. Die Kommunikationsabteilung konnte keine jahresbezogenen Planungsdaten vorlegen.
Abbildung: Übersicht Voranschlag/Erfolg Öffentlichkeitsarbeit in Mio. EUR
Seit 2015 Thomas Schmid Generalsekretär wurde, ist das Budget für Öffentlichkeitsarbeit förmlich explodiert. Von 2,84 auf 13,22 Mio. Euro 2020. Die interne Revision fand keine Hinweise auf “jahresbezogene Planungsdaten” pic.twitter.com/2CYaZH7QnA
— Martin Thür (@MartinThuer) December 17, 2021
Eine Standardauswertung aus dem Haushaltsverrechnungssystem zeigt ein kontinuierliches Ansteigen der Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit von EUR 2,84 Mio. im Jahr 2015 auf EUR 13,22 Mio. im Jahr 2020. Ab dem Jahr 2016 wurden 2ubuchungen zum Finanzierungsvoranschlag von 79% bis 208% des Planwertes vorgenommen, wobei allerdings das Doppelbudget 2018/2019 und die Corona-Hilfen 2020/2021 zu berücksichtigen sind.
Soweit aus dem vorgelegten Mailverkehr erkennbar, entsprechen die Zuweisungen den budgetären Zuständigkeitsregeln. Die Anforderungen der Zubuchungen beruhen, mit einer Ausnahme, lediglich auf nicht veraktetem E-Mail-Verkehr, der zudem in mehreren Fällen keinen konkreten Zweck anführt.
Aus der Analyse der Akten war erkennbar, dass die Kosten der Kampagnen für Corona-Hilfen im Jahr 2020 EUR 8,8 Mio. und im geprüften Zeitraum des Jahres 2021 EUR 4,8 Mio. betrugen.
Aus Sicht der IR verhindert das Fehlen einer umfassenden Kommunikationsstrategie und abgeleiteter Umsetzungspläne eine differenzierte Sicht auf die Kunden, auf mögliche Kommunikationsprodukte und Kommunikationskanäle. Anstelle proaktiver und bedarfsgerechter Zielgruppeninformation mit klaren Wirkungszielen werden unterjährig Studien bzw. Umfragen und Kampagnen bzw. Inserate beauftragt, die ab 2016 den jährlichen Finanzierungsvoranschlag erheblich überschreiten. Die Anforderungen der Zubuchungen sind nicht aktenmäßig dokumentiert und damit zu wenig transparent.
Die IR empfiehlt:
- Erarbeitung und Festlegung einer umfassenden Kommunikationsstrategie
- Erstellung eines jährlichen Aktionsplanes
- Sorgfältige Planung und Einhaltung des Budgets
- Nachvollziehbare Dokumentation der Beauftragung der Zubuchungen im ELAK
3.2. Operative Tätigkeiten
Die Untersuchungsschwerpunkte zielten auf die Prozesskette von der Beschaffung bis zur Bezahlung und differenzierten zwischen Studien und Umfragen einerseits, sowie zwischen Kampagnen und Inseraten der Mediengruppe Unternehmen andererseits. Eine erweiterte Betrachtung der Prozesskette widmete sich der Frage, ob und wieweit die fachlich betroffenen BMF-Abteilungen eingebunden waren. (siehe Frage 2)
Vergabewesen
Die Kommunikationsabteilung führte im geprüften Bereich ausschließlich Direktvergaben durch. Vergleichsangebote wurden in keinem einzigen Fall eingeholt.
Bei den Studien wurde stets auf das Nicht-Erreichen des Schwellenwertes hingewiesen. Die Frage der Ausschreibungen bei Inseraten und Kampagnen wurde in allen Akten durch die Verwendung zweier, textlich gleichbleibender Verweise auf Stellungnahmen der Finanzprokuratur im Hinblick auf die Ausschließlichkeit angesprochen. Warum der in den Akten behauptete Ausschließlichkeitstatbestand im konkreten Einzelfall anzuwenden ist, wird jedoch nicht ausgeführt. In einer Stellungnahme anlässlich dieser Untersuchung führte die Finanzprokuratur aus, dass die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt werden und sich der ältere Text auf eine Zeit vor 01.01.2009 bezieht sowie der jüngere Text dem Vergaberegime des BVergG 2018 nicht Rechnung trägt und sie keine Rechtfertigung für die Anwendung des Ausschließlichkeitstatbestandes bieten.
Zusammenrechnungen der Leistungen eines Unternehmens im Hinblick auf das Überschreiten des Schwellenwertes sind nicht ersichtlich.
Aus Sicht der IR wurden keine Vergleichsangebote eingeholt, bei möglichen Überschreitungen des Schwellenwertes stets der Einzelfall betrachtet und keine gebotenen Zusammenrechnungen durchgeführt sowie, entgegen einem Hinweis aus 2018, die technische Ausschließlichkeit nicht individuell begründet.
Beschaffungsprozesse
Die Dienststellen des Bundes haben gemäß den Bestimmungen des BB-GmbH-Gesetzes die von ihnen benötigten Dienstleistungen, die aus den in den Verzeichnissen aufgeführten Verträgen bezogen werden können, von den darin genannten Vertragspartnern zu beziehen. Die Ausnahmen hiervon sind gesetzlich geregelt. Die Dienststellen haben jeden Ausnahmefall unter Angabe einer Begründung, der Art und Menge sowie des Auftragsvolumens der beabsichtigten oder getätigten Beschaffung der BBG bekannt zu geben.
Aus den eingesehenen Akten war nicht erkennbar, dass die Kommunikationsabteilung Abrufe bei der BBG getätigt hat, obwohl sie 2018 aktenkundig auf die Media-Schaltung-Rahmenvereinbarung hingewiesen worden ist. Meldungen des Ausnahmefalls an die BBG waren ebenfalls nicht ersichtlich.
Der aktuelle Beschaffungsleitfaden 2021 für die Zentralstelle berücksichtigt die Empfehlungen des Rechnungshofes zu Vergaben und den Leitfaden des Rechnungshofes für Interne Kontrollsysteme bei Beschaffungen. Die Kommunikationsabteilung ist aber von diesem Leitfaden ausgenommen.
Obwohl die BBG adäquate Leistungen anbietet, eine grundsätzliche Verpflichtung zum Abrufen aus der BBG besteht bzw. Ausnahmen der BBG zu melden sind und die Kommunikationsabteilung 2018 van zwei Stellen auf das Angebot hingewiesen worden ist, gibt es in den geprüften Unterlagen keine Evidenz einer Befassung der BBG.
Dokumentation, allgemein
Der Aktenablauf zeigt folgendes Grundmuster: Der elektronische Akt (ELAK) wurde vom ELAK-Sachbearbeiter eröffnet sowie bearbeitet und vom Abteilungsleiter, in seltenen Fällen von der Stellvertretung, genehmigt. Der ELAK-Sachbearbeiter bestätigte jeweils dem Anweisungsreferenten die sachliche Richtigkeit, der dann die rechnerische Richtigkeit bestätigte. Diese Bestätigungen wurden zusammen mit der Angabe des Anordnungsbefugten in einem Ausdruck „Rechnungsbearbeitung” aus dem Haushaltsverrechnungssystem im elektronischen Akt abgelegt. Mit einigen Ausnahmen – wo ermächtigte Anordnungsbefugte agierten – wurden diese Freigaben vom Abteilungsleiter vorgenommen.
Studien
Die Interne Revision untersuchte die Studien der Kommunikationsabteilung ab 2015. Ausgenommen waren die Beauftragungen 2021 der Studien “Kryptowährungen” an die BB Unternehmen und „Wissensstand, Einstellung und die Erwartungen der österreichischen Bevölkerung zum Thema Budgetpolitik aktuell und nach der Corona Pandemie” an die Unternehmen, weil diese beiden Beauftragungen während der Untersuchung vom BMF rechtlich geprüft wurden.
Bei den untersuchten Studien handelt es sich um:
Unternehmen 1
Studie zur Wirtschafts-/Budgetpolitik
Studie Wahrnehmung Betrugsbekämpfung
Quantitative Studie Nulldefizit
Studie Steuerentlastung
Studie Digitale Wirtschaft
Studie Glücksspiel/Spielerschutz
Studie User Experience Website BMF
Studie Digitalsteuer
Auftragslose Arbeitnehmerveranlagung
Studie Transparenzdatenbank
Unternehmen 2
Studie Reform der Finanzverwaltung
Studie Bewertung des Corona-Hilfspakets, Bewertung des Wirtshauspaketes anlässlich der Corona-Krise
Studie Bewertung der Corona Hilfspakete aus Sicht der Bevölkerung und Unternehmen
Unternehmen 3
Monitoring zu Wirtschafts-, Finanz- und Budgetpolitik 2015
SEE Monitoring
Monitoring zur Wirtschafts-, Finanz- und Budgetpolitik 2016
Monitoring zur Wirtschafts-, Finanz- und Budgetpolitik 2017
Unternehmen 4
Studie Verteilungswirkungen der Abflachung der SV-Beiträge
Studie Tarife Senkung Einkommensteuer
Erweiterung einer Studie zur Steuerreform
Studie Steuerreform 2020 (Kinderbonus, Negativsteuer, LSt/ESt-Senkung, etc.)
Unternehmen 5
Medienmarktanalyse
Werbeäquivalent
Medienmarktanalyse 2019
Unternehmen 6 / Social Media Empfehlungen
Unternehmen 7 / Optimierung der internen Kommunikation und Organisationskultur
in der Finanzverwaltung
Unternehmen 8 / Studie Medikamentenfälschung
Unternehmen 9 / Gutachten Finanztransaktionssteuer
Das Gesamtvolumen aller Studien beträgt EUR 1.103.128 laut Angeboten bzw. EUR 1.204.668 laut Zahlung. Die Differenz ist im Wesentlichen auf die Studie zur Wirtschafts-/Budgetpolitik zurückzuführen, Angebot EUR 34.680, Zahlung EUR 155.940.
Die Akten zu den Studien haben ihren Ausgangs- und Endpunkt in der Kommunikationsabteilung. Von seltenen Ausnahmen abgesehen, ist keine Organisations oder Fachabteilung miteingebunden. Die Akten sind sowohl in Bezug auf die Büroordnung als auch auf die Kriterien des Rechnungshofes zu Beschaffungen unvollständig.
In 26 von 28 Fällen enthielten die elektronischen Akten keine Studienergebnisse. 22 Studien wurden der Internen Revision zur Gänze und eine unvollständig nachgereicht, zwei konnten nicht nachgebracht werden, die dritte fehlende Studie wurde von der Internen Revision begründeter Weise nicht abverlangt. Zwei E-Mails der Kommunikationsabteilung, datierend aus dem Jahre 2020, zeugen von einem Nachfragen der Studienergebnisse ab 01.01.2017 bei den Studienverfassern, wobei auf die „Lückenhaftigkeit des elektronischen Archives” explizit hingewiesen wird. Im Zeitpunkt der Bestätigung der sachlichen Richtigkeit und im Zeitpunkt der Genehmigung waren die Studien jedenfalls nicht im elektronischen Akt vorhanden. Nur in zwei Fällen war somit eine Studie im elektronischen Akt abgelegt und formal bei der Bestätigung der sachlichen Richtigkeit dokumentiert.
Die IR kann in 26 von 28 Fällen aufgrund der unvollständigen elektronischen Akte und der „Lückenhaftigkeit des elektronischen Archives” nicht davon ausgehen, dass die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit sowie die Genehmigung und Freigabe auf Basis vorhandener Studien erfolgten.
Studie zur Wirtschafts- und Budgetpolitik
Die Studie, die bei Weitem die höchste Unregelmäßigkeit aufwies, war jene zur Wirtschafts- und Budgetpolitik. Sie begann mit einem Angebot von EUR 34.680 brutto und endete nach 10 Rechnungen mit EUR 155.940 brutto. Die neun Rechnungen für die Zusatzleistungen wurden in den Einsichtsbemerkungen, ohne dass näher darauf eingegangen wurde, mit weiteren notwendigen Arbeiten begründet. Die Studie und die „Ergänzungsarbeiten” sind nicht im elektronischen Akt enthalten, dennoch wurde die sachliche Richtigkeit bestätigt und die Zahlung freigegeben. Aus den nachgereichten Unterlagen ist erkennbar, dass die ursprüngliche, undatierte Studie in hohem Maße Fragen zu politischen Parteien und Politikern enthielt und „Ergänzungsarbeiten”, soweit nachgeliefert, den sachlichen Zusammenhang zu der ursprünglichen Studie vermissen lassen.
Die Studie überschneidet sich thematisch mit durchgeführten Studien eines anderen Instituts von (zumindest) 2012 bis 2017, wobei jedoch das Design und auch die Themenblöcke differierten.
Aus Sicht der IR weist die Studie zur Wirtschafts- und Budgetpolitik samt ihren Ergänzungen ein derart hohes Maß an Unregelmäßigkeit auf, dass eine Befassung der Personalabteilung notwendig erscheint.
Medientransparenz
Bezüglich entgeltlicher Veröffentlichungen (hier Inserate und Kampagnen) wird in § 3 a MedKF-TG normiert, dass sie ausschließlich der Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit zu dienen haben, das in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Wirkungsbereich des jeweiligen Rechtsträgers steht. Darunter fallen insbesondere Informationen zur Rechtslage sowie Handlungs- oder Verhaltensempfehlungen und Sachinformationen. Entgeltliche Veröffentlichungen, die keinen konkreten Bezug zur Deckung eines Informationsbedürfnisses aufweisen und ausschließlich oder teilweise lediglich der Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers dienen, sind unzulässig. Sowohl bei den elektronischen Akten zu Inseraten der Mediengruppe Unternehmen als auch bei jenen zu Kampagnen ist der Zweck zwar im Groben erkennbar, zum Teil durch unterschiedliche Bezeichnungen in Angebot und Rechnung verwaschen und, auf Basis der Aktenlage, zumeist nicht beurteilbar.
Aus Sicht der IR ist die Beachtung des § 3a MedKF-TG, nämlich die Deckung eines Informationsbedürfnisses und das Verbot der gänzlichen oder teilweisen Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers, in den elektronischen Akten weder explizit angesprochen noch aus ihnen eindeutig ableitbar.
Inserate und Kampagnen der Mediengruppe Unternehmen – Überblick
Die Auszahlungen für Kampagnen inklusive des Anteils der Mediengruppe Unternehmen betragen:
Beiträge in TEUR brutto
Anmerkung: Grund für den Wechsel von Istwerten auf Planwerte ist der Aktenumfang von bis zu 900 Seiten pro Kampagne, der innerhalb der verfügbaren Zeit auf der Detailebene von Zahlungen nicht bewältigt werden konnte. Die überprüften Werte 2015 bis 2018 ergaben keine Differenzen, 2019 bis 2021 wurde in den die Mediengruppe Unternehmen betreffenden Unterlagen keine Auffälligkeit gefunden, sodass von einer im Wesentlichen vollständigen Übereinstimmung der Plan- und Ist-Werte ausgegangen werden kann.
Die Dokumentation der Inserate und Kampagnen der Mediengruppe Unternehmen wurde vollständig überprüft. Sie ergibt folgende Zahlungen:
Beiträge in TEUR brutto
Inserate
Bei den Inseraten mit Bezug zur Mediengruppe Unternehmen zeigt sich nach Aktenlage, dass die Initiative stets vom Anbieter ausging. Im Votum wurde grundsätzlich auch das Thema des Inserates bzw. der Einschaltung sowie der Einschalttag und das Medium angeführt, wobei auch Formulierungen des jeweiligen Angebotes teilweise fast wortgleich, zumindest sinngemäß übernommen wurden. Bei allen elektronischen Akten wurde auf die bereits erwähnte „Auskunft der „Finanzprokuratur” verwiesen. Eine schriftliche Beauftragung war nicht immer aktenkundig.
Vergleichsangebote lagen nie vor, noch wurde auf sie Bezug genommen. Ebenso fehlten in allen Akten Abzüge bzw. sonstige Darstellungen der Inserate. Teils stimmten auch die
Themen auf den Rechnungen nicht mit jenen der Angebote überein.
Die elektronischen Akten zu den Inseraten bei der Mediengruppe Unternehmen sind in Bezug auf die Büroordnung als auch auf die Kriterien des Rechnungshofes zu Beschaffungen unvollständig. Die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit und die Genehmigung erfolgten stets, obwohl in allen Akten Abzüge bzw. sonstige Darstellungen der Inserate fehlen, Angebote mitunter nicht vorhanden sind oder Angebot und Rechnung unterschiedliche Themen anführen.
Kampagnen
Bei den Kampagnen mit Bezug zur Mediengruppe Unternehmen zeigt sich eine unvollständige aktenmäßige Dokumentation aller erforderlichen Schritte und Entscheidungsgründe. So fanden sich etwa Advertorials nur in einem ELAK.
Die Einbeziehung der Fachsektionen ist aus den elektronischen Akten nicht ersichtlich. Eine Einbindung des Generalsekretariats und des Kabinetts des HBM kann nur aus den übermittelten E-Mail-Auszügen mit Bezug auf die Zubuchungen zum Budget vereinzelt erschlossen werden. Lediglich die COVID-Kampagnen wurden nach aktenmäßiger Erledigung dem Generalsekretariat zur Kenntnis gebracht.
Ausgehend vom Jahr 2015, wo Kampagnen zur jährlichen Steuerreform nur bei zwei Tageszeitungen via Steuerombudsmann und einem Volumen von rund EUR 130.000 geschaltet wurden, wuchsen die Kampagnen sowohl hinsichtlich der Medienanzahl als auch hinsichtlich des Volumens und der Anzahl der Schaltungen zum gleichen Thema um das Mehrfache an. So wurde etwa das Thema Antragslose Arbeitnehmerveranlagung AANV explizit viermal (2017, 2018) thematisiert. Im Jahr 2017 wurden dafür rund EUR 2, 7 Mio. und 2018 rund EUR 1,5 Mio. aufgewendet. Für den Familienbonus wurden im Jahr 2018 explizit sechsmal Schaltungen vorgenommen, die in Summe EUR 6,0 Mio. ausmachten. Die Schaltungen wurden sowohl in Tages-, Wochenzeitungen, als auch in Magazinen, bundes- bzw. landesweiten sowie regionalen und branchenbezogenen Medien vorgenommen. Teils wurden während der Kampagnen weitere Schaltungen hinzugefügt.
Die Mediengruppe Unternehmen erreichte bei vier Kampagnen im Jahr 2017 Auftragsvolumenanteile von 9,6% bis 30,3 % pro Kampagne und bei zehn Kampagnen im Jahr 2018 Auftragsvolumenanteile von 5,4% bis 34,1%. Im Jahr 2019 verteilen sich die Anteile bei sechs Kampagnen von 2,5% bis 23,0% und im Jahr 2020 in neun Kampagnen von 6,6% bis 12,3%.
Die elektronischen Akten zu den Kampagnen sind in Bezug auf die Büroordnung als auch auf die Kriterien des Rechnungshofes zu Beschaffungen unvollständig. Abweichungen zwischen geplanten und beauftragten sowie verrechneten Leistungen sind nicht immer nachvollziehbar.
Die IR empfiehlt:
- Einbeziehung der Medienbeschaffungen in den aktuellen Beschaffungsleitfaden oder die Erstellung eines eigenen Beschaffungsleitfadens
- Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen und deren Dokumentation im Einzelfall im rechtlich erforderlichen Maß
- Einhaltung der Bestimmungen des BB-GmbH-Gesetzes und damit Leistungsabruf über die BBG bzw. die Meldung des Ausnahmefalles samt Begründung
- Beachtung und Darlegung des§ 3 a MedKF-TG bei Inseraten und Kampagnen im Einzelfall
- Zweckmäßige und zeitgerechte Einbindung der fachlich bzw. organisatorisch zuständigen BMF-Abteilungen betreffend Initiierung und Ergebnis der Studien, Inserate und Kampagnen
- Bestätigung der sachlichen Richtigkeit und die Genehmigung nur bei aktenkundigem Vorliegen des Liefergegenstandes/ der erbrachten Leistung
- Sicherstellung der aktenmäßigen Dokumentation aller Schritte, Entscheidungen und Entscheidungsgründe.
- Im Hinblick auf die aktenkundigen Sachverhalte wird zudem die weiterführende Befassung der Personalabteilung angeregt. Die Überlegungen sollten jedenfalls die Vorgänge in Zusammenhang mit der Studie Wirtschafts- und Budgetpolitik beinhalten.
3.3. Kontrollsysteme und Qualitätssicherung
Bezogen auf die Untersuchungsschwerpunkte hinsichtlich interne Kontrollsysteme und Qualitätssicherungssysteme (siehe Frage 3) ergibt sich folgendes Bild.
Kontrollsysteme, Qualitätssicherungssysteme, Compliancesysteme, Risikomanagement, u.a. sind in einer Vielzahl von Normen und Standards beschrieben. All diesen Regelungen ist gemein, dass sie Teil des gesamtunternehmerischen Managementsystems sind und die primäre Verantwortung für die Einhaltung und Verbesserung innerhalb ihres Aufgabenbereiches bei den Managern liegt. Auf einer übergeordneten Ebene können diese Systeme gesamthaft betrachtet, verbessert und strategiekonform weiterentwickelt werden.
Betrachtungsebenen dieser Untersuchung sind daher einerseits die Kommunikationsabteilung und andererseits die ihr übergeordnete Ebene. Als fachliche Orientierungshilfen dienten dabei das Model COSO Interna! Control 2013, welches auch von den Rechnungshöfen und INTOSAI – aber auch von der Wirtschaftsprüfung – referenziert wird, der Leitfaden des Rechnungshofes zur Überprüfung von Internen Kontrollsystemen (Reihe 2016/3) insbesondere hinsichtlich des Abschnittes 2.3 „Leitfaden IKS bei Beschaffungsvorgängen/Vergaben”, sowie einzelne Prüfberichte wie insbesondere Internes Kontrollsystem bei Direktvergaben (Bund 2015/6).
Die mit den Aufgaben der Kommunikationsabteilung verbundenen Kontrollverantwortlichkeiten sind etwa in den Normen betreffend Zuständigkeit, Budget, Beschaffungswesen, Medientransparenz, Aktenführung festgelegt und zum Teil bis auf Erlass- bzw. Handbuchebene determiniert. Hervorzuheben ist, dass die Kommunikationsabteilung über keine konkreten, schriftlichen Regelungen oder Handbücher zu den internen Abläufen verfügt und selbst der aktuelle Beschaffungsleitfaden sie von der Anwendung aus nimmt.
Die Verantwortlichkeiten für die Bearbeitung der elektronischen Akten bauen im Sinne der Funktionstrennung auf einem Rollenkonzept mit standardisierten Berechtigungsprofilen für Sachbearbeiter, Genehmiger, Leiter, Kanzlist und Revisor auf. Ebenso gibt es im Haushaltverrechnungssystem (HV) standardisierte Berechtigungsprofile für die Anweisungsreferenten und die Anordnungsbefugten im BMF sowie die Buchhaltungsreferenten und Zahlungsreferenten in der Buchhaltungsagentur. ELAK-Rollen werden generell für alle Bediensteten im BMF vergeben, HV-Rollen für die {Vor-)Erfassung der verrechnungsrelevanten Belege und deren Freigabe hingegen nur vereinzelt. In der Geschäfts- und Personaleinteilung ist die Zuteilung von Ermächtigungen zur Selbständigen Bearbeitung (EsB) festgelegt, die aber nicht notwendigerweise einen Konnex mit den ELAK und HV-Rollen hat.
Verglichen mit den vom Rechnungshof vorgeschlagenen Kontrollen, zeigen sich die bereits erwähnten Mängel insbesondere betreffend Beschaffungsvorgang, Vertragsabschluss (Auswahl) und Leistungsabnahme. Das vom Rechnungshof geforderte Beschaffungscontrolling (ebenfalls Bund 2015/6) umfasst eine einheitliche Erfassung der Beschaffungsvorgänge in einer Weise, die eine automatisierte Auswertung ermöglicht sowie ein standardisiertes Controlling der Beschaffungsvorgänge. Im BMF wurde im Rahmen des Pilotprojektes „Beschaffungscontrolling in HV-SAP” ab Ende 2018 eine entsprechende technische Lösung umgesetzt. Das Nachfragen nach nochmaligem Übermitteln von Studien, die aufgezeigten Mängel und das Erfordernis des Herausarbeitens der Informationen aus den ELAK zeigen, dass ein Beschaffungscontrolling für den geprüften Bereich nicht vorliegt.
Bei der Verantwortung für Kontrollen über die Kommunikationsabteilung zeigt sich ein differenziertes Bild. Im BMF gibt es zunächst eine geteilte Kontrolle bei vergaberechtlichen Themen. Dazu wird der elektronische Akt unmittelbar nach Anlage und vor Auftragserteilung an die Abteilung 1/3 – Beschaffung und Infrastruktur zur Einsicht geschickt. Die Kontrolle basiert naturgemäß auf der vorhandenen Aktenlage.
Für die Ausführung im Gebarungsvollzug sieht das Haushaltsverrechnungssystem die Funktionstrennung zur BHAG vor. Die Effektivität der nachgelagerten Kontrolle ist begrenzt.
Eine Funktion, die sich dieser organisatorischen Lücken annimmt, gibt es im BMF nicht, auch gibt es keine zusammenfassenden Kontroll- oder Qualitätssicherungsberichte von der bzw. über die Kommunikationsabteilung.
Aus Sicht der IR sind die Arbeits- und Kontrollprozesse der Kommunikationsabteilung nicht geregelt. Sie könnten durch ein eigenes Handbuch bzw. Beschaffungsleitfaden verbessert werden.
Die elektronischen Systeme in Bezug auf Aktenführung und Budget haben klar definierte Rollen und Prozesse. Diesbezüglich besteht kein Änderungsbedarf. Sofern möglich und sinnvoll sollten die den Mitarbeiter/innen der Kommunikationsabteilung zugeteilten Rollen auch mit den Ermächtigungen in der Geschäfts- und Personaleinteilung abgestimmt werden.
Das fehlende Controlling verhinderte eine klare, strukturierte Sicht auf die Beschaffungen. Seine Einführung bzw. ab Ende 2018 seine Nutzung entspricht den Vorgaben des Rechnungshofes.
Die gelegentliche Einbindung der Abteilung 1/3 – Beschaffung und Infrastruktur in einen bereits begonnenen Prozess und mit Informationen, die sich nur aus dem aktuellen Stand eines nachträglich veränderbaren elektronischen Aktes ergeben, ist nicht optimal und sollte in Zusammenhang mit dem Beschaffungsleitfaden und dem Beschaffungscontrolling überdacht werden.
Controlling- und Qualitätssicherungsberichte fehlen und sollten erstellt werden.
Die IR empfiehlt:
- Regelung der Kontrollprozesse für Medienbeschaffungen
- Abstimmung der IT-Berechtigungen mit den Ermächtigungen (EsB) in der Geschäfts- und Personaleinteilung
- Nutzung eines Beschaffungs-Controllings
- Neukonzeption der institutionellen Zusammenarbeit/ Nichtzusammenarbeit mit der Abteilung 1/3 – Beschaffung und Infrastruktur
- Erstellung von Controlling- und Qualitätssicherungsberichten
4. Ergebnis
Die Organisation der untersuchten Abteilung weist deutliches Verbesserungspotential auf. Anregungen hierzu finden sich in den 16 Empfehlungen dieser Untersuchung.
Die aktenkundige Sachlage sollte zu einer weiterführenden Befassung durch die Personalabteilung führen.
Wien, am 15.12.2021
Der Leiter der Internen Revision