Der Schuldenberg der Stadt Wien ist gegenüber dem Vorjahr auf sechs Milliarden Euro gestiegen, bei einem Budget von 13,38 Milliarden Euro. Das bedeutet, dass die Schulden um 579 Millionen Euro gestiegen sind. Wichtige Randnotiz: Bei den sechs Milliarden Euro Schulden sind die Schulden der ausgelagerten Betriebe (siehe Beteiligungsbericht 2016) noch nicht mitgerechnet. Daher ist es sehr lohnenswert, sich den im Juli (zur Haupturlaubszeit) publizierten Beteiligungsbericht 2016 anzusehen.
Beteiligungsbericht 2016 ohne Pressekonferenz und Presseaussendung
Stadträtin Renate Brauner, Finanzstadträtin der Stadt Wien (SPÖ), hat zur Präsentation des Beteiligungsspiegels auf eine Pressekonferenz verzichtet. Ganz im Gegenteil: Der Bericht wurde still und leise upgeloadet.
Motto:
Nichts sehen,
nichts hören,
nichts sagen.
Kein Wunder, wenn man sich die 49 Seiten genauer ansieht. Laut Beteiligungsbericht 2016 weisen folgende Unternehmungen ein negatives Jahresergebnis auf (Auszug):
- Die Wiener Volkshochschulen: Minus 3.015.000 EUR (Siehe auch Das rote Netzwerk der Wiener Volkshochschulen)
- ELGA GmbH: Minus 6.720.000 EUR
- Nationalpark Donau-Auen GmbH: Minus 721.000 EUR
- Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) Gesellschaft m.b.H.: Minus 11.785.000 EUR
- Wiener Stadtwerke Holding AG: Minus 403.918.000 (403 Millionen EUR)
So gesehen, müssten mehr als 400 Millionen EUR an Schulden hinzugefügt werden.
Einnahmen und Ausgaben der Stadt Wien
Um ein Gefühl für den Schuldenberg der Stadt Wien zu bekommen, bedarf es einer kleinen Aufschlüsselung, wie überhaupt die Stadt Wien zu ihrem Geld kommt.
Die wichtigsten Einnahmen der Stadt sind mit ca. 5,9 Mrd. EUR die Ertragsanteile Wiens an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben. Das sind 44,3 Prozent der Einnahmen der Bundeshauptstadt. Für rund 10 % der Einnahmen Wiens sind eigene Steuern verantwortlich. Dies entspricht 1,3 Mrd. EUR. Die Kommunalsteuer brachte Einnahmen in der Höhe von rund 780 Mio. EUR ein.
Weitere wichtige Einnahmen kommen aus Gebühren: 480 Mio. EUR, das sind 3,6 % der Einnahmen der Stadt. Auch 2016 waren die Einnahmen aus Gebühren für die Stadt nicht kostendeckend, insgesamt musste die Stadt trotz Mehreinnahmen von 29,6 Mio. EUR rund 647 Mio. EUR zu den verrechneten Gebühren zuschießen.
Rund 2,8 Mrd. EUR der Ausgaben Wiens sind Leistungen für das aktive Personal. Bei den Ausgaben sank der Anteil der Leistungen für das Personal einschließlich der Pensionen und sonstigen Ruhebezüge des Magistrats gegenüber dem Voranschlag um 69,9 Mio. EUR und erreichte 18 % der Gesamtausgaben.
Gestiegen sind hingegen die Aufwendungen für LandeslehrerInnen (die fast zur Gänze ersetzt werden), nämlich um 12.6 Mio. EUR – das sind 7,1 % der Gesamtausgaben.
Der Stand des ständigen Personals betrug 57.302 volle Bezüge, der Stand der PensionistInnen (inkl. LandeslehrerInnen) betrug 28.610.
Die Investitionen der Stadt wurden 2016 betrugen rund 1,6 Mrd. EUR. Insgesamt wurden Ausgaben von rund 4,7 Mrd. EUR getätigt, die Ausgaben für das Bau- und Baunebengewerbe lagen bei rund 1,8 Mrd. EUR (Weiterführende Informationen auf Wien1x1).
Kritik am Beteiligungsbericht 2016
Die Idee des Beteiligungsberichts war es, mehr Transparenz in das Firmengeflecht zu bringen. Seit 2015 versucht sich die Stadt darin, jedoch kann man dies nur als Versuch interpretieren.
Der Beteiligungsbericht führt die erste Ebene, sprich die direkten Beteiligungen der Stadt Wien, im Inhaltsverzeichnis an. Dies suggeriert dem Leser, dass lediglich 30 Unternehmensgruppen vorhanden wären.
Die zweite Ebene, sprich die Tochterunternehmungen und dritte Ebene, wiederum deren Tochterunternehmungen, werden erst im 6. Kapitel, “Beteiligungsportfolio” dargestellt. Mit dieser Form der Aufzählung, kommt die Stadt Wien auf 245 Beteiligungen (1. bis zur 3. Ebene).
Wie bereits im Vorjahr kritisiert, hält die Stadt Wien bei weitem mehr Unternehmungen in ihrem Firmengeflecht (Die Firma Wien, Kick-Off Story von Fass ohne Boden). Im vergangenen Jahr waren es nach unserer Aufzählung 318 Unternehmen.
Von der vierten und fünften Ebene erfährt man gar nichts. Als ob diese nicht vorhanden wären. Ein konkretes Beispiel soll die Intransparenz und die Kritik am Bericht verdeutlichen.
Kritik an der 1. Ebene: Beispiel Wien Holding
Die Wien Holding ist eine der 30 Unternehmungen, hat eine Bilanzsumme von 924.964.000 EUR (der Beteiligungsbericht 2016 führt lediglich TEUR) und wird mit folgendem Gesellschaftszweck geführt:
Die Wien Holding leistet mit ihren Unternehmen einen wesentlichen Beitrag als Wirtschafts-und Wohlfühlfaktor für Wien und steht für zukunftsorientierte und nachhaltige Projekte.
Darüber hinaus wird noch ein Kommentar dem Geschäftsjahr 2016 hinzugefügt. Es werden keine weiteren Beteiligungen mehr angeführt. Tatsächlich würde die 2. Ebene – die direkten Beteiligungen – der Wien Holding wie folgt aussehen:
- Wiener Stadthalle Betriebs- und Veranstaltungsgesellschaft m.b.H.
- WH Medien GmbH
- Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H.
- Jüdisches Museum der Stadt Wien Gesellschaft m.b.H.
- Schloß Laxenburg Betriebsgesellschaft m.b.H.
- KunstHausWien GmbH
- base – homes for students GmbH
- StH-Garagenbetriebs GmbH
- UIV Urban Innovation Vienna GmbH
- WSE Wiener Standortentwicklung GmbH
- Wiener Hafen Management GmbH
- Central Danube Region Marketing & Development GmbH
- “Haus der Musik” Betriebsgesellschaft m.b.H.
- Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien GmbH
- MOZARTHAUS VIENNA Errichtungs- und Betriebs GmbH
- U2 Stadtentwicklung GmbH
- LSE Liegenschaftsstrukturentwicklungs GmbH
- EuroVienna EU-consulting & -management GmbH
- EU-Förderagentur GmbH
- Therme Wien Ges.m.b.H.
- MG immo GmbH
- STAR22 eins Planungs- und ErrichtungsGmbH
- WH IT Services GmbH
- WTH Wien Ticket Holding GmbH
- Wiener Sportstätten Betriebsgesellschaft m.b.H.
Als Aktionär
- Flughafen Wien Aktiengesellschaft
- ARWAG Holding-Aktiengesellschaft
Als Kommanditist
- Wiener Hafen, GmbH & Co KG
- Therme Wien GmbH & Co KG
Kritik an der 2. Ebene: Beispiel ARWAG Holding AG
In der 3. Ebene findet sich beispielsweise als Tochter der Wien Holding die ARWAG Holding AG. Diese hat wieder folgende Tochterfirmen:
- ARWAG Bauträger Gesellschaft m.b.H.
- ARWAG Objektvermietungsgesellschaft m.b.H.
- ARWAG Immobilientreuhand Gesellschaft m.b.H.
- ARWAG Wohnen im schönsten Wien GmbH
- MIGRA Gemeinnützige Wohnungsges.m.b.H.
- ARWAG Wohnpark Errichtungs-, Vermietungs- und Beteiligungsgesellschaft m.b.H.
- ARWAG Wohnpark Immobilienvermietungsgesellschaft m.b.H.
- ARWAG “Wohnhaus Hardtmuthgasse” Vermietungsgesellschaft m.b.H.
- ARWAG Urban Home GmbH
- ARWAG “Wohnhaus Mühlweg” Vermietungsgesellschaft m.b.H.
Kritik an der 3. Ebene: Beispiel ARWAG Wohnpark Immobilienvermietungsgesellschaft m.b.H.
Hier endet die Transparenz der Stadt Wien, was nicht heißen soll, dass es keine weiteren Unternehmungen und Ebenen gibt. Die ARWAG Wohnpark Immobilienvermietungsgesellschaft m.b.H. ist wiederum unbeschränkt haftender Gesellschafter an der Wohnpark Sandleiten “Arbeiten und Wohnen im Grünen” Gesellschaft m.b.H. & Co. OG und als Kommanditist an der ARWAG Wohnpark Errichtungs-, Vermietungs- und BeteiligungsgmbH & Co “Wohnhaus Braunhubergasse” KG im Firmenbuch eingetragen.
Kritik an der 4. Ebene: Wohnpark Sandleiten “Arbeiten und Wohnen im Grünen” Gesellschaft m.b.H. & Co. OG
Die Wohnpark Sandleiten “Arbeiten und Wohnen im Grünen” Gesellschaft m.b.H. & Co. OG hatte noch im letzten Jahr eine Beteiligung an der ARWAG Bratislava. Laut Firmenbuch, existiert aber keine Beteiligung mehr. Laut Wien Holding Webseite, dürfte dies aber noch aktuell sein (Wien Holding):
Kritik an der 5. Ebene: ARWAG Bratislava
Die ARWAG Bratislava ist nach wie vor im slowakischen Firmenbuch zur finden: Firmenbuch. Ob die Beteiligung abgestoßen wurde, darüber kann man nur zum jetzigen Zeitpunkt spekulieren.
Transparenz? Fehl am Platz.
Fazit: Beteiligungsbericht 2016
Die Stadt Wien hält an ihrem Kurs fest: Eine möglichst geringe Transparenz bei den Beteiligungen der Stadt Wien. Die vierte und fünfte Ebene, also Ururenkel und Urururenkel, werden nach wie vor nicht im Beteiligungsbericht 2016 abgebildet.
Die Verschuldung nimmt von Jahr zu Jahr zu. Da aber die Unternehmungen nicht bei der Verschuldung hinzugerechnet werden, wirkt es auch unproblematisch.
Bei aller Kritik von Fass ohne Boden: Für die Magistratsabteilung 5 und Brauners Pressesprecher gab es von der Stadträtin sicher Dank und Anerkennung.
Beteiligungsbericht 2016: Download: [download id=”2533″]
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